Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 7. (1954) – Festgabe zur Hundertjahrfeier des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung

REGELE, Oskar: Die Schuld des Grafen Reinhard Wilhelm von Neipperg am Belgrader Frieden 1739 und an der Niederlage bei Mollwitz 1741

382 Oskar Regele rücksichtigen habe und daß eine Preisgabe von Belgrad nur einen Sinn hätte, wenn dafür der Frieden gesichert wäre: „Bei solcher der wahren Beschaffenheit gingen also die einhelligen vota dahin, mittels freiwilliger Abtretung von Belgrad lieber den Frieden zu erkaufen, als das universum auf die äußersten Spitzen zu setzen... Er (Neipperg) scheint überzeugt zu sein, daß an baldiger Bewirkung des Friedens mehr, als an der Erhaltung Belgrads gelegen sei... Er Neipperg hatte also nicht minder zu sorgen, das Anerbieten zu späht, als zu früh zu tun. Und das rechte tempo ist in der­gleichen Umständen meistens ungemein hart zu treffen.“ Unter Feststellung der „Conclusio: ist eine betrübte Begebenheit sowohl ratione belli als paeis“ einigte man sich an diesem Tage dahin, Neipperg zurückzuberufen, die Friedensverhandlungen jedoch fortzusetzen, Frankreich zu beruhigen und von der Türkei zu erhoffen, sie werde nachgiebiger sein, so sie Belgrad nicht einnehmen könne. Nachdem Wien zuerst durch Frankreichs Vertreter vom abgeschlossenen Frieden Nachricht erhalten hatte, kam erst am 7. 9. abends ein österreichischer Bericht und man war sich in der ersten Ent­rüstung sofort darüber einig, „daß in allen Punkten und Artikeln Graf von Neipperg nicht nur die ihm erteilte Gewalt ungemein weit überschritten, sondern directe gegen die obhabenden Befehle gehandelt habe.“ Am 12. 9. schrieb der Kaiser an Neipperg27): „Eure vielen und schweren Fehler können nie getilgt, aber auch nicht einmal anders gemindert werden, als wenn Ihr dieselben beim definitiven Friedenstraktat wieder einbringt.“ In der Konferenz vom 13. 9.28) wurde beschlossen, Wien müsse jeden Verdacht, Neipperg decken zu wollen, ablehnen: „Auf jemand muß der Unfug und die bläme fallen.“ Man brauche jetzt vor allem Geld, Rom werde Sicherheiten verlangen, die Reichstände könnten mit der Türkensteuer zögern, Frankreich müsse Gewißheit bekommen, daß nunmehr von Wien aus scharf zugegriffen werde, England und die Seemächte dürfen keinen schlechten Eindruck bekommen, alle Hilfe sei nun davon abhängig, wie weit der böse Eindruck über den Friedensabschluß verwischt werden könne. „Weder eine noch die andere (Hilfe) aber kann man vernünftiger- oder möglicherweise anhoffen, ohne den üblen Eindruck, so die fatalen Präliminarien allerorten gegen den hiesigen Hof machen müssen, zu benehmen: welcher aber ob demonstrierter Mahsen nicht gehoben werden mag, ohne die Schuldigen zu entdecken, und ohne die Entdeckten streng zu bestrafen ... Es kann aber dieses verlorene Ansehen nicht wieder hergestellt werden, insolange sich die auswärtigen Mächte nicht überzeugt halten, daß man die ehemaligen Gebrechen aus dem Grunde zu verbessern sich angelegen sein lasse ... praemiis et poenis Respublica sustinetur.“ Es mußte somit gestraft werden und zwar „teils in den Ländern zur Beruhigung der Geistlichkeit und des gemeinen Volkes 27) Jul. Fritz: „Orsova und die Inselfestung (Ada Kaleh)“ in „Mitteilungen des k. k. Kriegsarchivs“, 1878, S. 410. 28) Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, Konferenzprotokoll (87) vom 13. 9. 1739.

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