Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 7. (1954) – Festgabe zur Hundertjahrfeier des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung
BENNA, Anna Hedwig: Studien zum Kultusprotektorat Österreich-Ungarns in Albanien im Zeitalter des Imperialismus (1888–1918)
Studien zum Kultusprotektorat Österreich-Ungarns in Albanien 33 Rußland für den Fall einer Neuordnung auf dem Balkan 1897 vereinbart worden105). Italiens Interesse an der Ostküste der Adria wurde auch an einer rein dynastischen Angelegenheit, der Ehe des italienschen Thronfolgers Viktor Emanuel mit der montenegrinischen Prinzessin Elena, Tochter des Fürsten Nikita, sichtbar. Die um die Jahrhundertwende verhältnismäßig enge Zusammenarbeit Österreich-Ungarns mit Rußland wich einer italienisch-russischen Interessengemeinschaft am Balkan106 *). Die Beziehungen zwischen den beiden Bundesgenossen Österreich-Ungarn und Italien erfuhren trotz des bestehenden Bundesverhältnisses infolge des Überhandnehmens der irredentistischen Strömungen innerhalb der italienischen Kabinette seit 1900lor) und der italienfeindlichen Bestrebungen in den Kreisen um den Thronfolger Franz Ferdinand108) eine sichtbare Verschlechterung. Zu den italienischen Bemühungen, den kulturellen und politischen Einfluß in Albanien 109 * *) zu verstärken, sind auch die auf Paraly- sierung des österreichisch-ungarischen Kultusprotektorates gerichteten Maßnahmen des italienischen Kabinettes zu zählen. 1902 erließ der italienische Außenminister Prinetti an den italienischen Generalkonsul Leoni die Weisung, der Schutz geistlicher italienischer Staatsangehöriger sei ausschließlich Sache der italienischen Regierung und ihrer Konsularvertretungen im Ausland 11#). Die konsequente Anwendung dieses Prinzips im Fall der Zustellung einer gerichtlichen Ladung an Fra Giovanni, einen Laienbruder des Franziskanerhospizes Aramaic in Skutari, durch den Dragoman des italienischen Konsulates ohne Assistenz des österreichischungarischen Generalkonsulates m) wurde Anlaß zu Verhandlungen Italiens mit Österreich-Ungarn über die Zuständigkeit des italienischen Konsularschutzes für Geistliche italienischer Staatsangehörigkeit, welche in Ordensniederlassungen unter österreichisch-ungarischem Schutz domizilierten. Eine Aussprache zwischen dem italienischen Botschafter Nigra und dem Hofrat Fuchs vom Ministerium des Äußeren klärte die österreichischi05) Vgl. Pribram, Geheimverträge 1, S. 78. lóé) pa XIV, 27. Liasse Albanien XIX. Italienische Propaganda in Albanien, n. 1. Bericht Aehrenthal, Petersburg, 3 B, 1902 Jänner 16. Äußerung des französischen Botschafters in Petersburg, Marquis Montebello gegenüber Aehrenthal über wachsende Einmischung Italiens in Balkanangelegenheiten infolge des montenegrinischen Einflusses. 107) Vgl. Claar, Europäische Gespräche 8, 425, 426, 427, 429 ff., 437, Berliner Monatshefte 15, 540 ff., 545, 546, 553, 557. 108) Vgl. M. Uhlirz, Handbuch der Geschichte Österreichs und seiner Nachbarländer Böhmen und Ungarn 2/2 (1941), 1059. R. Kiszling, Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este. Leben, Pläne und Wirken am Schicksalsweg der Donaumonarchie (1953), S. 237—239. 10°) Vgl. PA XIV, 27. Liasse Albanien XIX. 110) PA XII, 271. Liasse Türkei XXXIV/4, Weisung des italienischen Außenministeriums an den italienischen Konsul in Skutari, 1902 Juni 28 (Abschr.). m) Ebenda, Telegr. Bornemisza, Skutari, 9320, 1902 August 22, Bericht Bornemisza, Skutari, 39, 1902 August 25. Mitteilungen, Band 7 3