Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 7. (1954) – Festgabe zur Hundertjahrfeier des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung
BENNA, Anna Hedwig: Studien zum Kultusprotektorat Österreich-Ungarns in Albanien im Zeitalter des Imperialismus (1888–1918)
Studien zum Kultusprotektorat Österreich-Ungarns in Albanien 29 rechtes begrüßen, da eine partielle Regelung einer einseitigen Schmälerung des Ansehens Österreichs-Ungarns gleichkäme83). Obwohl Rampolla auch weiterhin noch immer versuchte die Verhandlungen mit Österreich-Ungarn fortzusetzen85 86 *), wobei er die Anerkennung des österreich-ungarischen Schutzrechtes als conditio sine qua non ausdrücklich anerkannte, gelang es ihm nicht, Kálnoky von seiner Forderung, das Konkordat müsse für die Gesamtheit der Katholiken in der Türkei abgeschlossen werden, abzubringen a7). Die Verhandlungen dauerten noch bis 1894 an, gingen aber schließlich infolge des österreichisch-ungarischen Desinteressements ein. Dem Fortbestand des österreichisch-ungarischen Kultusprotektorates in seiner überlieferten Gestalt drohte von Seiten des Vatikans keine Gefahr mehr. Die Beziehungen zwischen Ballhausplatz und Staatssekretariat erfuhren nach dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Frankreich und dem Heiligen Stuhl eine fühlbare Besserung88). Im Gegensatz zu Leo XIII. und seinem Staatssekretär, die solange nur irgend möglich an der Politik des Ralliements gegenüber Frankreich festhielten, trotz eigener Bemühungen die Trennung von Kirche und Staat in Frankreich zu verhindern, entschied sich Pius X., nachdem eine Verständigung mit der antikirchlichen Regierung Combe nicht mehr zu erwarten war, für den Bruch mit Frankreich89). Begreiflicherweise spielte die Frage des religiösen Schutzrechtes Frankreichs im Orient eine nicht unerhebliche Rolle in den französisch-vatikanischen Auseinandersetzungen. Es war verständlich, wenn der immer mehr in kirchenfeindliches Fahrwasser abgleitenden französischen Regierung von Seiten des Nuntius Ferrata 1895 mitgeteilt wurde, der Heilige Stuhl wäre im Falle eines Zusammenstoßes mit der Republik genötigt, sich an andere katholische Mächte zu wenden und Frankreich könnte sein altes Protektorat verlieren90). Am längsten hielt noch der Kardinalstaatssekretär selbst an der Respektierung des französischen Anspruches fest, er erklärte 1901 in einem Schreiben an den Kardinal von Paris, daß selbst bei einem Bruche mit Frankreich das Protektorat bestehen bleibe91)- Dei' geschichtliche Ablauf der Ereignisse nach dem Bruch zwischen der Französischen Republik und dem Heiligen Stuhl gab Rampolla 85) PA XII, 234. Schreiben Kaiser Franz Josefs an Papst Leo XIII., 1892 Juni 1. (Deutsche Übersetzung). 86) Ebenda, Memorandum Kardinal Rampollas, 1893 August 29. 8^) Ebenda, Weisung an Revertera (Rom V), 1893 Oktober 7. 88) Vgl. Winter, a. a. O., S. 128, 129. F. Engel-Jánosi, Österreich- Ungarn und der Vatikan während des Pontifikats Pius X. und der Wahl Benedikts XV., Mitt. d. Österr. Staatsarchivs 5 (1952), S. 278—280. 80) Vgl. Schmidlin, a. a. O., Bd. 3, S. 73 if., 77. H. Stutz, Die päpstliche Diplomatie unter Leo XIII., Abh. der preuß. Akademie, Jg. 1925, n. 3/4 (1926), S. 144. Winter, a. a. O., S. 128. 90) Vg-i. Stutz, a. a. O., S. 19, Anm. 4. 91) Vgl. Winter, a. a. O., S. 108.