Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 6. (1953)

BENNA, Anna Hedwig: Organisierung und Personalstand der Polizeihofstelle (1793–1848)

206 Anna Hedwig Benna Leute, welche Irrlehren ins Volk tragen, die zur Bildung von Sekten führ­ten, auszuforschen47). Pergen bezeichnete die genaue Handhabung des Anzeige- und Meldewesens als die Hauptmethode des geheimen Dienstes. Die Polizeibeamten müßten trachten, alle Arten von Personen ohne Unter­schied des Standes, die ihnen nur irgendwie nützlich sein könnten, zur Auskunftsleistung zu gewinnen: Dienstboten, Lohndiener, Mietkutscher, Juden leisteten gute Dienste. Die Polizeibeamten, denen die Methoden der Ausfindigmachung und Verhaftung verdächtiger Personen mündlich bei­gebracht würden, müßten Vertraute haben, die als solche nicht bekannt seien48). Die Polizeidirektoren hatten den Landeschefs gegenüber nicht die Pflicht der Berichterstattung in geheimen Polizeisachen, sie hatten den Landeschefs nur anzuzeigen, ob die Generalien in Polizeisachen be­obachtet würden. Wie der Kaiser in seinem Handschreiben vom 23. Sep­tember 1786 verfügte, bekam Pergen die Leitung der obersten Polizei­direktion für Wien und die Erblande; den Polizeidirektoren wurde jedoch die öffentliche Polizei entzogen49). Hinsichtlich des öffentlichen Dienstes unterstanden die Polizeidirektoren den Landeschefs; der Instanzenzug ging in öffentlichen Polizeiangelegenheiten von der Landesstelle zur Hofkanzlei, in geheimen Polizeisachen von den Polizeidirektionen in den Kronländem zur Polizeioberdirektion Wien und zu Pergen, der dem Kaiser unmittelbar Bericht erstattete50). Es gelang Pergen noch 1786, den Kaiser zu überzeugen, daß die Einrichtung der Wiener Polizei im Hinblick auf ihre vielfältigen Aufgaben in der Hauptstadt eines großen Reiches nicht geändert werden könnte, und daß hier der öffentliche Dienst der Polizeioberdirektion unab­hängig von der Landesstelle51) belassen werden müßte. Die von Pergen in den Achtzigerjahren angestrebte zentrale Leitung der Polizeiangelegenheiten erhielt er 1789, als ihn ein Augenleiden zwang, einen Teil seiner Amtsgeschäfte abzugeben. 47) Benna, a. a. O., S. 97, dass dieselbe auf das tun und lassen der beam­ten unter hand acht gebe und nachforsche, wie man mit diesem oder jenem im publikum zufrieden sey; ob derselbe bestechungen annehme oder ob er verwandte im ausland habe und mit solchen besonderen brief Wechsel unterhalte, ob er mit be­denklichen fremden vertraulich umgehe oder gar denselben amtsschriften mit­teile ... weiters muss die polizey geheim nachforschen, was im publikum über den monarchen und seine regierung gesprochen werde. Auf die gesinnungen von militär und klérus ist aufzupassen. Ferner ist auf den Vollzug der landesfürst­lichen gesetze und generálién zu achten. Gegen gefährliche ausländer und Ver­fälscher von kreditpapieren ist vorzugehen, ferner ist nach Wien über die reise gefährlicher personen zu berichten. 4Ö) Benna, a. a. O., S. 98. 49) Walter, a. a. O., S. 36. Benna, a. a. O., S. 113. 50) Wa 11er, a. a. O., S. 37, OEZ II/4/1, S. 57. Benna, a. a. O., S. 114. 51) Walter, a. a. O., S. 37, OEZ 11/4/1, 58, 59. Benna, a. a. O., S. 80, 114, 115.

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