Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 5. (1952)

AUER, Erwin M.: Kulturgeschichtliche Ordensforschung

Kulturgeschichtliche Ordensforschung 311 Hausorden keinen Typenbegriff, sondern — wie an anderen Höfen auch — lediglich einen Sammelbegriff für alle vom eigenen Herrscherhaus ge­stifteten oder von ihm zu verleihenden Orden darstellte. Um ein anderes Beispiel heranzuziehen, sei darauf verwiesen, daß die erste österreichische Republik ihren Verdienstorden nur deshalb Ehrenzeichen benannte28 *), damit gegenüber den Orden der österreichisch-ungarischen Monarchie schon be­zeichnungsmäßig ein deutlicherer Abstand gewonnen werden konnte. Wenn also die Ordenskunde im Rahmen der Systematik die einzelnen Typen vor allem durch Festlegung der inneren und äußeren Merkmale zu klären ver­suchen wird, sollte sie auch nicht die im Laufe der Jahrhunderte sich wandelnde staats- und dynastenrechtliche Auffassung vom Auszeichnungs­wesen im allgemeinen und vom Ordenswesen im besonderen übersehen, ln diesem Zusammenhang dürfte es sich schließlich empfehlen, nicht nur die wechselnden Benennungen der einzelnen Orden 2fl) zu sammeln, sondern auch dem Sprachgut der Ordenskanzleien ein erhöhtes Augenmerk zuzu- wenden. Mit dieser Feststellung sei der keineswegs vollständige Katalog jener Fragen beschlossen, die den Historiker aus dem Gebiet der Ordenskunde in erster Linie interessieren. Zusammenfassend läßt sich somit sagen, daß Orden nicht als isolierte Einrichtungen der Geschichtswissenschaft an sich bedeutsamerscheinen, son­dern daß diese Disziplin vielmehr ihr Hauptaugenmerk den historischen und sozialen Funktionen aller Orden eines Landesbereiches zuwendet. Will die Ordenskunde daher ihren Platz als historische Hilfswissenschaft behaupten, wird sie nach der Orientierung über die bereits vorliegenden Forschungs­ergebnisse und unter Heranziehung aller erreichbaren Quellen die Ge­schichte der einzelnen Orden des betreffenden Landes erforschen und als Endziel die Darstellung der kulturellen und sozialen Bedeutung sämtlicher Orden dieses Landes anstreben. Der Umstand, daß die letztgenannten Dar­stellungen nicht immer den Umfang eines Buches, sondern meist nur den eines größeren Aufsatzes benötigen werden30), darf nicht zur Annahme verleiten, daß mit dem Vorliegen solcher Aufsätze in Bälde gerechnet werden kann. Zu umfangreiche Vorarbeit verbleibt der Ordenskunde noch zu tun und sie begrüßt es daher dankbar, daß historische Lehrkanzeln ein­zelner Universitäten durch Vergebung von Dissertationen über Ordens­themen31) den Kreis ernster Ordensforscher zu erweitern versuchen. 28) BGBl. Nr. 16 ex 1922. Die Bezeichnung Ehrenzeichen wurde 1934 durch Verdienstorden ersetzt; BGBl. 2, Nr. 267 ex 1934. 20) Vgl. einige diesbezügliche Hinweise für den Maria Theresien-Orden bei Auer, Stiftungs-Creutz, a. a. O., S. 289, Anm. 18. 30) Einen ersten Überblick bot ein Vortrag des Verfassers, der im Rahmen des Geschichtsvereins für Wien gehalten wurde; vgl. Erwin M. Auer, Zur Kulturgeschichte der österreichischen Orden und Ehrenzeichen, in: Wr. Ge­schichtsblätter 8. (68.) Jg., Wien 1953, S. 18 ff. 31) Vgl. W. Adam, Der Orden vom Goldenen Vließ. Entstehung und Be­deutung. Dissertation d. philos. Fak. d. Universität Graz, 1948 (ungedruckt). — W. F. W i n k e 1 b a u e r, Der St. Georgsritterorden Kaiser Friedrichs III., Disser­tation d. pliilos. Fak. d. Universität Wien, 1949 (ungedruckt).

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