Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 5. (1952)

HAUPTMANN, Ferdinand: Österreich-Ungarns Werben um Serbien 1878–1881

Österreich-Ungarns Werben um Serbien 1878—1881 175 dieser geduldigen Politik war, daß die österreichisch-serbischen Angelegen­heiten nur äußerst langsam vorwärts gingen. e) Der Abschluß des Vertrages. Die Schwierigkeit, an der die Eisenbahnvertragsverhandlungen mit Serbien im Herbst 1879 steckengeblieben waren, bestand in der Divergenz der beiderseitigen Anschauungen über die Interpretation des Art. XXXVIII der Berliner Kongreßbeschlüsse, sowie des Art. I der österreichisch-ser­bischen Konvention vom 8. VII. 1878 197). Ristic legte, wie schon oben erwähnt, das meiste Gewicht auf den gleichzeitigen Anschluß der serbischen Bahnen an die österreichischen, wie auch an die bulgarischen und tür­kischen; demgemäß erklärte er die betreffenden Artikel in dem Sinne, daß die Vorbedingung aller Vereinbarungen der Zusammentritt der Vierer- Kommission in Wien sei, die vor allem den gleichzeitigen Bau und Anschluß in allen vier Ländern sicherzustellen hätte. Erst nachher könnte von öster­reichisch-serbischen Spezialvereinbarungen die Rede sein198). Die österreichische Auffassung dagegen, welche Haymerle wiederholt entwickelt hatte, lief darauf hinaus, aus den beiden Verträgen die Not­wendigkeit einer vorhergehenden österreichisch-serbischen Abmachung ab­zuleiten. Er begegnete den Auffassungen Ristic’ mit dem Einwand, es könnte sich gar nicht darum handeln, die Kommission mit der Anschluß­frage an die Spitze zu stellen. Der Artikel XXXVIII erwähne keine Kom­mission, sondern nur abzuschließende Konventionen, und das nur für die Gebiete, die Serbien neu erworben hatte. Die übrigen Fragen, da sie außer­halb des Rahmens des Berliner Kongresses stünden, blieben deshalb der österreichisch-serbischen Konvention Vorbehalten. Gleichzeitig betonte Haymerle auch die Notwendigkeit des Einvernehmens, um „assurer la construction et le raccordement simultanés des lignes de jonction respectives bulgares et ottomanes“. Der Betrieb sollte auf diesen Linien ebenfalls gleichförmig sein und womöglich den österreichischen Reglements entspre­chen. Da man jedoch auf den bulgarischen und türkischen Bahnen das gleiche einzuführen gedachte, wäre zu diesem Behufe die Vierer-Kommission einzuberufen. „Gerade zu diesen Zwecken erschien es uns notwendig, in erster Reihe eine Verständigung mit der serbischen Regierung über die Details zu erzielen, die wir Beide in der angedeuteten Richtung gemeinsam anzustreben die Aufgabe hätten. Ein solcher accord ist in der Convention vom 8. VII. v. J. ausdrücklich vorgesehen“ 199). „Herr Ristic kann unmöglich übersehen, daß die Türkei und Bulgarien, welche nicht Mitcontrahenten der Convention vom 8. VII. v. J. und deren Verpflichtungen nur nach den Bestimmungen des Berliner Vertrages vom 13. VII. v. J., welcher nicht von Commissionen, sondern von Conventionen spricht, allein zu beurtheilen sind, heute, wie die Dinge stehen, zur Be­schickung dieser Commission noch nicht verpflichtet, also dazu auch ohne

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