Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 5. (1952)

HAUPTMANN, Ferdinand: Österreich-Ungarns Werben um Serbien 1878–1881

Österreich-Ungarns Werben um Serbien 1878—1881 149 Verhandlungen unvermeidlich sein“ 22). Mittlerweile kam in der österrei­chisch-ungarischen Handelspolitik als Folge des noch ungeklärten Verhält­nisses zu Deutschland die Tendenz an die Oberfläche, sich möglichst freie Hand zu sichern, was später zur autonomen Zollpolitik führte. Somit er­schien jede Bindung der Zollsätze — und gerade das war für Serbien wichtig — in der damaligen ungeklärten Lage für Österreich als „ein kaum zu verantwortender Fehler“, denn es war „inopportun, eine Tarifvertrags­verhandlung mit Serbien vor der Klarstellung unserer handelspolitischen Haltung gegenüber Deutschland zu beginnen“ 23). Prinzipiell stand also Österreich dem Abschlüsse eines Handelsvertrages mit Serbien in diesem Momente ablehnend gegenüber. Nur in Anbetracht der durch die Konvention übernommenen Verpflichtungen war man bereit, „unter Wahrung des angedeuteten Interesses die Verhandlung so bald es eben unbedingt und unabweislich nötig, zu beginnen“ 24). Dafür schien aber ein vorhergehendes Studium der serbischen Zollverhältnisse notwendig zu sein. So schlug die Konferenz endlich vor, nach erfolgter beiderseitiger Zustimmung der Ministerien Serbien zu den Eisenbahnvertragsverhand­lungen einzuladen und gleichzeitig die Bereitschaft für die Handelsvertrags­verhandlungen kundzugeben, den Zeitpunkt für deren Aufnahme aber von gewissen Vorarbeiten abhängig zu machen25). Es ist kaum nötig, hinzuweisen, daß Andrássy den Ministerien es als sehr wünschenswert hinstellte, „wenn die Anträge der Conferenz einer thunlichst beschleunigten Erledigung zugeführt würden, damit dann die Einladung Serbiens zu den Verhandlungen über die Eisenbahnfragen sowie die anderen Mitteilungen an die serbische Regierung möglichst bald er­folgen können“ 2e). Das war im Mai 1879. Bis zu diesem Zeitpunkt mußte Andrássy dauernd trachten, den Verhandlungsbeginn mit Serbien durch immer neue Aus­flüchte aufzuschieben und zwar die Eisenbahnvertragsverhandlungen durch den Hinweis, daß die Viererkommissioin nicht zusammentreten könne, da einer der Teilnehmer, Bulgarien, noch nicht seine Regierung habe27), die Handelsvertragsverhandlungen aber wiederum durch die Betonung der großen Belastung der österreichisch-ungarischen Regierung mit anderen dringenden Fragen. So verfloß untätig der November als erster Termin, dann der Jänner 1879 28), obwohl Andrássy seine Ministerkollegen unermüd­lich zur Eile trieb, um „die Vertragsverhandlungen, sobald es die Ver­hältnisse nur einigermaßen gestatten, sofort zu beginnen“ 29). „Es wäre — so schrieb er am 6. XII. 1878 —, nach meiner Anschauung von hohem Wert, wenn der Beginn der Verhandlungen schon für den Monat Jänner in Aus­sicht genommen werden könnte“ 30). Ristic hatte auf diese Weise genug Zeit, dieses Zögern zu durchschauen. Hatte es 1878 geschienen, als ob Österreich der Berliner Konvention schlag­artig auch die Taten folgen lassen würde, so zeigte das folgende Jahr mit den Angriffen auf Andrássy in den Parlamenten, den Rückschlägen bei

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