Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 5. (1952)

HAUPTMANN, Ferdinand: Österreich-Ungarns Werben um Serbien 1878–1881

Österreich-Ungarns Werben um Serbien 1878—1881 141 als Bulgarien.“ Als er daraufhin Hoffnung schöpfte, durch ein Plebiscit in Tm und Pirot das Schicksal dieser Gebiete entscheiden zu lassen, schrieb er nach Belgrad: „Wenn wir auf einen günstigen Ausgang (des Plebiscites) vertrauen können, dann dürfen wir noch jetzt gegenüber Österreich-Ungarn einen anderen Ton an­schlagen; wenn nicht, dann müssen wir verhan­deln“ 21). Bei Andrássy hingegen beklagte er sich über die Forderung Schwegels die Exploitation der zukünftigen serbischen Bahnen im Vorhinein schon Hirsch zu überlassen, und ebenso über die Form, in der diese wirtschaft­lichen Zugeständnisse von seinem Lande verlangt würden. Knapp vor der Erledigung der serbischen Angelegenheit auf dem Kongreß stellte ihn Österreich vor die Alternative: entweder — oder22). Im mühseligen Kampf gegen die russische territoriale Gegnerschaft und gegen übermäßige österreichische Forderungen kam zuletzt, am 8. VII., einen Tag vor der Regelung der serbischen Grenzen auf dem Kongresse, die österreichisch-serbische Konvention zustande23). In dieser verpflichteten sich beide Regierungen, ihr Eisenbahnnetz innerhalb von drei Jahren bis an die gemeinsame Grenze auszubauen, Serbien außerdem noch, die Verbindung mit der Linie von Saloniki und Konstantinopel herzustellen (Art. I). Beide Länder sollten den gegenseitigen Warenverkehr möglichst erleichtern, ja es wurde sogar die Möglichkeit einer Zollunion in Erwägung gezogen (Art. II). Da Österreich ohne finan­zielle Beteiligung Serbiens die Regulierung des Eisernen Tores übernahm, verpflichtete sich Serbien, wenigstens bei der Arbeit und Ausführung zu­vorkommend zu sein (Art. III). Der Charakter der Konvention entsprach zwar weitgehend den öster­reichischen Wünschen, doch auch Ristic konnte beim Abschluß des Kon­gresse mit Recht behaupten, daß Serbien dabei besser durchgekommen sei, als man es ursprünglich erhofft hatte. „Alles, was wir über die Grenzen von San Stefano noch bekommen, haben wir Österreich-Ungarn zu ver­danken.“ Andrássy trat in Berlin tatsächlich mit allem Nachdruck für die serbischen Erwerbungen ein, rettete Vranje und Pirot, während er bezüg­lich Trns der russischen Weigerung nachgeben mußte24). In der schwierigen Lage, der Serbien gegenüberstaind, war dies ein großer Erfolg für Ristic. Denn eigentlich stießen Serbiens Wünsche mit den Interessen aller Nachbarländer zusammen25). Die österreichische Stellung war im Vorhinein so stark, daß Serbien an Növi Pazar und Bos­nien nicht denken konnte; aber selbst im Süden prallte es mit den öster­reichischen Interessen zusammen, die bis an das Vardartal reichten. Im Osten dagegen bemühte sich Rußland, die serbische Grenze gegen Westen zurückzudrängen. Und trotzdem war das Resultat von Berlin, daß Serbien gegenüber San Stefano eine Vergrößerung um weitere 50 Quadratmeilen erhalten hatte, während Montenegro gleichzeitig fast um die Hälfte ver-

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