Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 5. (1952)
BENNA, Anna Hedwig: Preces Primariae und Reichshofkanzlei (1559–1806)
98 Anna Hedwig Benna auf sich beruhen zu lassen und dem romanischen hof zu sagen, dass man über diese Zwistigkeiten ferner tractiren würde“ sonst aber „eur kayserliche mayestat dero vorigen resolutiones umb so standhaff ter zu inhaeriren ursach hetten, als si von einem so kundbahren impegno ohne Verletzung dero allerhöchsten authoritet und mercklicher beschädigung viller armer precisten nit so platerdingen abiveichen könnte“ 64). Diese düsteren Reflexionen der Geheimen Konferenz waren indes überflüssig, Albaini teilte mit, der Papst habe auf die Überreichung von Konfirmationsbulle und Preces Indult verzichtet und sich mit der Hinterlegung der Urkunden im Vatikanischen Archiv begnügt65). Damit war die Praxis der Kurie für die Zukunft vorgezeichnet. Die Päpste hielten die Fiktion der Konfirmation der Kaiserwahl und der Ausstellung von Primae Preces Indulten aufrecht, die Urkunden wurden jeweils ausgestellt und verschwanden in der Versenkung des Archivs, ohne daß die Öffentlichkeit etwas von ihrer Existenz erfuhr. In den Zirkularbreven der Päpste, in denen die Kapitel und Stifte zur Annahme der kaiserlichen Prezisten aufgefordert wurden, geschah keinerlei Erwähnung653). Zwistigkeiten mit den Päpsten gab es nach Josef I. bezüglich des Bittrechtes nicht mehr, die Kaiser konnten unangefochten von der Kurie ihr Bittrecht ausüben. II. In der Geschichte der Reichshofkanzlei bedeutete die Mitte des 16. Jahrhunderts einen gewissen Einschnitt, nach dem Rücktritt Karls V. kam es zu einer Neuorganisierung der Kanzlei, es wurde wohl eine Kanzleiordnung erlassen, die jedoch keine Bestimmungen über den inneren Geschäftsgang enthält, dieser kann nur aus den Akten und Geschäftsbüchern selbst erschlossen werden66). Die Reichshofkanzlei war die zuständige Stelle für die Ausstellung von Bittbriefen. Die Erledigung der Bittbriefe erfolgte ebenso wie die der übrigen kirchlichen Benefizienangelegenheiten durch die lateinische Expedition67). Der aus dem Geschäftsgang der Reichshofkanzlei erwachsene Bestand Primae preces 68) enthält einen umfangreichen zum größten Teil aus alpabetisch geordneten Suppliken bestehenden Aktenbestand69). Die überwiegende Mehrzahl dieser Suppliken stammt aus dem 64) Votum der geheimen Konferenz 1710 Juli 1 (Canzlei- und Conferenz- protokolle 44). 65) Ibidem., vgl. Hantsch, a. a. 0., S. 118, Feine, a. a. O., S. 88. 65a) Feine, a. a. O., S. 99, 100. 66) Dazu Lothar Gross, Die Geschichte der Deutschen Reichshofkanzlei von 1559—1806 (Inventare österreichischer staatlicher Archive V/l, 1933), S. 11, 14. 67) Zur lateinischen Expedition, vgl. Gross, a. a. O., S. 14, Anm. 21 a, 15. 68) Dazu Gesamtinventar V/4 (1936), S. 314. 69) Fz. 1—9, A—F; Schachtel 10—20, G—Z. Reichsstände in Varia Schachtel 21—23.