Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 4. (1951)

KOTASEK, Edith: Die Privatkorrespondenz des Feldmarschalls Grafen Lacy mit Maria Theresia und Joseph II

178 Edith Kotasek voller Zärtlichkeit hing er an dem älteren Freund und manchmal sagte er ihm auch, was er empfand: „Ich habe Ihnen nichts zu sagen, was Sie interessieren könnte, aber Vieles, was mir Freude macht, nämlich mich einen Augenblick mit Ihnen zu unterhalten und Sie zu nötigen, an mich zu denken“ 1). Bei einem Besuch in Spa, wo der Feldmarschall mehrmals eine Linderung seines Leidens gesucht hatte, kam der Kaiser zu folgenden Betrachtungen: „Ich sehe hier diesen Ort, diese Quellen mit besonderem Vergnügen, sie haben wohltuend auf Eure Gesundheit gewirkt, sie haben folglich die Gesundheit meines besten Freundes befestigt, dessen Ratschläge und Meinungen mir immer die sichersten und vorteilbringendsten Führer meiner Handlungen gewesen sind, sowohl im Angesicht des Feindes, als auch bei den Verhandlungen im Kabinett . .. “ 2). Oftmals sehnte er sich in der Ferne nach der Gesellschaft Lacys, aber er wußte sich zu helfen: „Mein lieber Feldmarschall, ich habe Euer Bild in meinem Zimmer, es macht mir Freude in der Ferne, die mich vom Original trennt“ 3). Gab es einmal Meinungsverschiedenheiten, die das Wesen ihrer Beziehungen zu treffen schienen, bewies der Kaiser mehr Herzens­stärke als der zu Mißtrauen und Selbstquälerei neigende Graf Lacy. Joseph gab dem Zweifelnden einmal die rechte Antwort. Die Vor­aussetzung jeder Freundschaft wäre das Vertrauen, u. zw. ein un­bedingtes Vertrauen. Sie gleiche einem Ehebund, der sich auf die völlige Beruhigung über die gegenseitige Redlichkeit und Auf­richtigkeit gründen und frei von jeglicher Eifersucht sein müsse: „Glauben Sie daran, daß ich weniger gegen diese (Freundschaft) als gegen eine blinde Zuneigung mich versündigen werde und daß Sie, was Sie sich auch einbilden mögen, meiner Freundschaft sicherer sein können als irgend eine Frau es meines Herzens sein würde. Adieu, verlangen Sie Beweise von mir und ich bin bereit, Ihnen bei jeder Gelegenheit solche zu geben“ 4). Es ist nach all dem erklärlich, daß Kaiser Joseph, als Lacy auf seiner schon oben erwähnten Erholungsreise war, den Freund sehr b HHStA. Sammelband des Hausarehivs 36, Joseph an Lacy, Tarnow, 10. Mai 1780. 2) HHStA. Sammelband des Hausarchivs 36, Joseph an Lacy, Spa, 20. Juli 1781. 3) HHStA. Sammelband des Hausarchivs 36, Joseph an Lacy, Leupoll (?), 15. Mai 1787. 4) HHStA. Nachlaß III/7, Antwort Josephs auf ein undatiertes Schreiben Lacys (1769), diese abgedruckt bei Arneth, Geschichte, IX, 622, Anmerk. 832, deutsch, S. 511.

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