Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 4. (1951)

SANTIFALLER, Leo: Die älteste Originalurkunde des Österreichischen Staatsarchivs

30 Leo Santifaller und endlich sind mitunter auch Vorurkunden für die Gestaltung maßgebend. Das Protokoll: Die verbale Invokation J) hat erst Karl d. Gr. in die fränkische Königsurkunde eingeführt. Die in unserer Urkunde verwendete Form, In nomine domini Dei et Salvatoris nostri Jesu Christi, ist schon vor der fränkischen Eroberung (774) in den lango- bardischen Privaturkunden herrschend, wurde dann in den Urkunden der langobardischen Herzoge von Benevent und Salerno bis ins 11. Jahrhundert beibehalten. Sie wird regelmäßig in den Diplomen Ludwigs d. Fr. gebraucht und später nach Vorurkunden öfter wieder­holt. Die Intitulatio * 2) enthält den zuerst unter Ludwig d. Fr. eingeführten und bis in die Zeit Ottos III. gebräuchlichen Titel imperator augustus mit der ebenfalls erst unter Ludwig d. Fr. auf­gekommenen Devotionsformel divina ordinante providentia. Die in unserer Urkunde verwendete Form der Intitulatio ist in den Urkunden Ludwigs d. Fr. in der Zeit von 814 bis 833 allgemein gebräuchlich gewesen. Das Eschatokoll: Die in unserer Urkunde angewandte Form der Signumzeile3 4) kam sinngemäß erst unter den des Schreibens unkundigen Karolingern auf und ist dann auch in der Folgezeit in den Königsurkunden des Mittelalters beibehalten worden. Die unter Karl d. Gr. verwendete Formulierung Signum Karoli (domni) piisimi ac serenissimi (gloriosissimi) imperatoris wird unter Ludwig dem Frommen etwas vereinfacht zu Signum (domni) Hludovici serenissimi (piissimi) imperatoris augusti. Die Gestalt der Rekogni- tionsformel *) N. ad vicem N. recognovi et subscripsi reicht bis in die Merowingerkanzlei zurück, sie wird seit 772 in die Karolingerkanzlei aufgenommen, ist dann, von Ausnahmen abgesehen, seit 817 ständig in Übung und geht in der Folge auch in die deutsche Königskanzlei über. Die Datierungsformel5) setzt sich zusammen aus stilistischen Elementen und den chronologischen Angaben; auf diesen beiden *) Vgl. Sickel, Acta 1, S. 210 ff.; Mühlbacher, Regesten, S. LXXXIIIf.; Erben, S. 307 ff. 2) Vgl. Sickel, Acta 1, S. 212 f.; Mühlbacher, S. LXXXIVf.; Erben, S. 309 ff. 3) Vgl. Sickel, Acta 1, S. 213 ff.; Mühlbacher, S. LXXXVf.; Erben, S. 315 ff. 4) Vgl. Sickel, Acta 1, S. 215 ff.; Mühlbacher, S. LXXXVIf.; Erben, S. 319 ff. 5) Vgl. Sickel, Acta 1, S. 218 ff.; Mühlbacher, S. LXXXVIIff.; Erben, S. 335 ff.

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