Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 3. (1950) – Leo Santifaller Festschrift
NECK, Rudolf: Andrea Negroni. Ein Beitrag zur Geschichte der österreichisch-türkischen Beziehungen nach dem Frieden von Zsitvatorok
192 Rudolf Neck hatten und die eineinhalb Stunden dauerte, statt x). Negroni bestritt sofort, daß er jemals Ali und Ahmed der Bestechung geziehen hätte, und stellte fest, daß diese schon lange eine persönliche Abneigung gegen ihn hegten. Ahmed warf ihm dann vor, daß er dem Großvezir einen Brief, den er ihm aus Kleinasien mit Warnungen vor den Plänen Nasuhs gegen den Kaiser geschickt hatte, gezeigt habe. Negroni erwiderte, in diesem Brief wären nur politisch unbedeutende Dinge gestanden und er hätte ihn dem Großvezir, der davon erfahren habe, nur unter Drohungen ausgehändigt. Er leugnete auch, von Nasuh dafür 900 Taler in Empfang genommen zu haben, da er das Geld schon zwei Monate vorher erhalten habe; er konnte aber keine befriedigende Auskunft geben, wofür. Ahmed erinnerte Negroni auch daran, daß er einmal für ein Lobgedicht auf den Sultan 2000 Taler bekommen hätte. Negroni konnte dieses Gedicht, das er in einem kleinen Büchlein bei sich trug, vorlegen und dazu bemerken, es habe ihm nur als Beweis seiner Fertigkeit in den orientalischen Sprachen gedient. Bei demselben Anlaß hätten auch die Türken Loblieder auf den Kaiser gesungen. Graciano fragte, warum Starzer so oft von den Verhandlungen Negronis mit Nasuh ausgeschlossen wurde. Negroni entgegnete, dies sei auf türkischen Wunsch geschehen. Der dazu einvernommene Dolmetsch Damiani meinte jedoch, daß es Negroni, wenn er gewollt hätte, schon hätte verhindern können. Schließlich bestritt der Genuese noch einmal die von Ahmed sehr temperamentvoll vorgebrachte Anschuldigung, daß er Nasuh gegen Ali Pascha aufgehetzt habe. Wenn Negroni auch bei manchen Punkten des Verhörs ziemlich kleinlaut wurde, so gewinnt man doch bei anderen den Eindruck, daß er wirklich unschuldig war. Wichtiger als die Verantwortung zu den türkischen Anschuldigungen war aber jetzt die zu der verfälschten Ratifikation von 1610. Dazu mußte sich auch Bonomo, der seinerzeit Negronis Vorgesetzter war, äußern 1 2). Erstens sollten die beiden erklären, warum sie sich nicht an die genau gefaßte und sogar ins Italienische übersetzte Instruktion gehalten haben, in der ihnen angesichts der Erfahrungen mit Herberstein besondere Vorsicht eingeschärft worden war, und zweitens sollte sich besonders Negroni darüber verantworten, ob er damals die ungenaue und fehlerhafte Übersetzung mit Täuschungsabsicht verfaßt habe. Als erschwerend wurde dabei noch angesehen, daß er dafür 6000 Gulden 1) Bericht der Kommissare an Matthias 1615 Juni 3 und 6, Wien, Türkei I, Fasz. 52. 2) Weisung der Kommissare an Negroni und Bonomo 1615 Juni 6 und 15, ebendort.