Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 2. (1949)

Erster österreichischer Archivtag in Wien, 21. bis 24. September 1949

78 Archivberichte III: Erster österreichischer Archivtag nur ein wissenschaftlich tätiger Archivar voll seinen Amtspflichten nach- kommen könne; er legte daher den allergrößten Wert darauf, daß sich die Archivbeamten an der wissenschaftlichen Durchforschung des Archivs selbst beteiligten, ja er machte ihnen die wissenschaftliche Betätigung geradezu zur dienstlichen und amtlichen Verpflichtung. In Hinsicht auf die Organisation des Archivwesens darf daran erinnert werden, daß unter Arneth der Archivrat geschaffen wurde und daß er sich gegen die Schaffung eines Generalinspektorats, also gegen den Zentralismus aussprach und eine besondere Berücksichtigung der Provinzen, bzw. der Kronländer forderte und auch durchsetzte. Und nun zu unserer Gegenwart! Das letzte Jahrzehnt war für die Archive folgenschwer. Die staatlichen Veränderungen, der Krieg, die Bombenangriffe, aber auch die Bergungen haben unseren Archiven nicht wieder gutzumachenden Schaden zugefügt. Wir dürfen dabei allerdings feststellen, daß die Schäden der österreichischen Archive im Vergleich zu den Verlusten, welche die Archive anderer vom Krieg heimgesuchten Länder, insbesondere Deutschland, Frankreich und Italien, erlitten haben, erfreulicherweise sich in erträglichen Grenzen halten. Die Durchführung der Rücktransporte aus den teilweise im Auslande befindlichen Bergungs­stellen sowie die Ordnung und Wiederaufstellung der Archivbestände wird aber noch geraume Zeit und einen bedeutenden Aufwand an Arbeit in Anspruch nehmen. In schwerster Zeit aber, im Sommer 1945, hat die österreichische Regierung mit Erlaß vom 28. Juli 1945 durch die Vereinigung und einheitliche Zusammenfassung aller Wiener Zentralarchive, des Haus-, Hof- und Staats­archivs, des Allgemeinen Verwaltungsarchivs, des Finanz- und Hofkammer­archivs und des Kriegsarchivs das österreichische Staatsarchiv geschaffen und so das zur Durchführung gebracht, was schon seit den letzten Jahrhunderten des Mittelalters und insbesondere seit Maximilian I. immer wieder angestrebt worden und bis zur entscheidenden Tat des Jahres 1945 niemals gelungen war. Durch die Begründung der „Mitteilungen des österreichischen Staatsarchivs“ und der „Publikationen des Öster­reichischen Staatsarchivs“ hat sich diese neue Einrichtung auch bereits erfolgreich in den österreichischen und internationalen Wissenschaftsbetrieb eingeführt. Vor einem Jahre, im Oktober 1948, haben wir eine sachlich sehr erfolgreich und persönlich sehr erfreulich verlaufene Konferenz der österreichischen Archivleiter abgehalten. *) Eine Reihe von Vorschlägen, die damals gemacht wurden, konnten seither in die Tat umgesetzt werden, so z. B. die Errichtung des Archivamtes und die Erhöhung der Institutsstipendien, andere Vorschläge wieder, wie die Konstituierung des Archivrates, die einheitliche Ausbildung der Archivbeamten u. a., sind in Angriff genommen worden oder sind in Ausführung begriffen.-1) Siehe oben S. 29—31.

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