Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 2. (1949)
LHOTSKY, Alphons: Handschriftenausstellung der Österreichischen Nationalbibliothek anläßlich des Ersten Österreichischen Archivtages. Handschriftliche Denkmäler der Geschichte Österreichs
18 Alphons Lbotsky liturgischen und symbolischen Gedankenwelt des Mittelalters, von dem 1296 in Rom verstorbenen berühmten Kanonisten Wilhelm Duranti, übersetzt von Leopold Stainreuter in Wien, in der herrlichen Handschrift cod. n. 2765 begonnen — die Vollendung erlebte der Fürst freilich nicht mehr. Unter den zahlreichen schönen Illustrationen erwecken die auf die junge Wiener Universität bezüglichen besonderes Interesse (Abb. 1). Der aufgeschlagene f. 57 zeigte u. a. die sauber ausgeführten Wappen hausösterreichischer Herrschaften, u. zw. paarweise gegenüber Steiermark und Kärnten, Tirol und Windische Mark, Land ob der Enns und Zollern (dies das Hauswappen der Gemahlin Albrechts III., Beatrix von Zollern), unten eine schöne Wiedergabe des herzoglichen Reitersiegels — eine wohl einzigartige Darstellung — mit dem Bindenschilde in Farben. Über das Rationale Duranti vgl. namentlich Joseph Sauer, Symbolik des Kirchengebäudes und seiner Ausstattung in der Auffassung des Mittelalters (2. Auflage, Freiburg 1924), besonders S. 28 ff. Die Spezialliteratur über die Wiener Handschrift verzeichnete Konrad Josef Heilig, Leopold Stainreuter von Wien (Mitteilungen des Österreichischen Instituts für Geschichtsforschung 47, 1933), S. 265 ff., bzw. 266, Anm. 2. Ferner Kurt Holter und Karl Oettinger, Manuscrits allemands (Bulletin de la Société fran§aise de reproduction de manuscrits ä peintures, Paris 1939), p. 87—89. Am österreichischen wie am böhmischen Hofe stand überhaupt um 1400 die Buchmalerei in höchster Blüte. Ein bemerkenswertes Zeugnis dafür bietet die um 1400 für den König Wenzel hergestellte und wahrhaft großartig illuminierte Abschrift des Reichsgesetzes Nr. 20 Karls IV. von 1356, der sogenannten Goldenen Bulle, cod. n. 338. Der Übergang der luxemburgischen Bücherschätze in den Besitz der Habsburger erklärt sich aus dem seit 1364 bestehenden engen Konnex der beiden Häuser; als Wenzels Bruder, der Kaiser Sigmund, 1437 gestorben war und das Haus Luxemburg-Böhmen im Mannesstamm erlosch, erbte Sigmunds Schwiegersohn Herzög Albrecht V., der ihm auch als Reichsoberhaupt (1438 bis 1439) folgte, diese Schätze. Die Handschrift ist bei Theodor Gottlieb, Die Ambraser Handschriften I: Büchersammlung Kaiser Maximilians I. (Leipzig 1900) öfter erwähnt und besprochen; siehe auch Julius Schlosser, Die Bilderhandschriften König Wenzels I. (Jahrbuch der Kunstsammlungen des ah. Kaiserhauses 14, 1893, S. 264 ff.). In den Bereich der „steirischen“ Linie des Hauses Österreich Nr. 21 führt das schöne Vorschaltblatt des cod. ser. nov. n. 89, der erst 1868