Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 1. (1948)

MAASS, Ferdinand: Vorbereitung und Anfänge des Josefinismus im amtlichen Schriftwechsel des Staatskanzlers Fürsten von Kaunitz-Rittberg mit seinem bevollmächtigten Minister beim Governo generale der österreichischen Lombardei, Karl Grafen von Firmian, 1763 bis 1770

316 Ferdinand Maaß Die kirchlichen Benefizien ohne päpstliches Indult zu verleihen, war vorderhand wohl unmöglich, solange die Kaiserin noch Bedenken trug, über einfache Benefizien ohne jede Seelsorgsverpflichtung selb­ständig zu verfügen 1). Desgleichen war ebenfalls nicht daran zu denken, die Kaiserin zur Sanktionierung eines Gesetzes zu bewegen, das den Gläubigen den Rekurs nach Rom verbieten sollte. Dagegen hatte der Vorschlag, die Klosterkerker, die Gefängnisse der Inquisition und jene der Bischöfe zu beseitigen und deren be­waffnete Miliz aufzulösen, viel mehr Aussicht auf Erfolg2), da sich auch der Herzog von Parma mit ähnlichen Plänen damals befaßte. Die Hebung der Autorität der Diözesanbischöfe und die Erweiterung ihrer kirchlichen Vollmachten konnte man wohl als scharfe Waffe gegen die römische Kurie verwenden; beides schien aber nicht ohne Gefahr für den Staat selbst und daher hatten schon vor einem Jahr zwei von einander völlig unabhängige Ratgeber 3), deren Sachkenntnis über jeden Zweifel erhaben war, den Kanzler davor gewarnt, das gallikanische Beispiel in diesem Punkte nachzuahmen. Auch die Beschränkung der Autorität der Ordensgeneräle mußte mit Vorsicht behandelt werden 4); desgleichen auch die Einschränkung und Überwachung der Ordensprovinzen 5) innerhalb des Staates, * 2 3 4 5 b Siehe Seite 314, Anm. 4. Allerdings handelt es sich dort um eine andersartige Verwendung dieser Benefizien. 2) Noch im seihen Jahr durchgeführt. Staatsarchiv, Staatskanzlei, Diparti- mento d’Italia, Fasz. 38, fol. 184 ff. 3) Hofrat Baron Sperges Seite 294, Anm. 4, und der österreichische Botschafter in Paris Graf Mercy-Argenteau. Seine Warnung ist deutlich, wenn auch sehr zurückhaltend vorgebracht. Staatsarchiv, Staatskanzlei, Berichte aus Paris 1768. 4) Zum Gesetz vom 24. März 1781, das die Jurisdiktion aller im Ausland residierenden Ordensgeneräle über österreichische Ordensleute aufhob, bemerkt Hofrat Heinke im Sommer 1787: „Abermals eines der wichtigsten Staatsgeschäfte, welches jedoch in die hier vorausgesetzte Leitung nur unter der Regierung Seiner Majestät Kaiser Josephs II. zu bringen möglich war. Wie oft wurde Referent mit diesem einleuchtend nützlichen Vorschlag zurückgewiesen! Ohne wessen Aus­führung platterdings bei der Regulargeistlichkeit weder Ordnung noch Sicherheit ihres Gehorsams herzustellen Hoffnung war. Archiv des Schottenstiftes, Cod. 697 (52 a 6), A 27. 5) Der Staat hatte es nicht zuletzt auf die selbständige Geldgebarung der Ordensprovinzen abgesehen. Das Gesetz, das sie verbot, wurde am 1. April 1775 erlassen und von seinem Urheber, Hofrat Heinke, folgendermaßen kommentiert: „Dieser Gegenstand war im geistlichen Departement einer der wichtigsten für den Staat, soweit solchem durch willkürliche und heimliche Ausschleppung der Gelder nach Rom an die Ordensgeneräle, Congregationen und auch Ordens­gemeinden in andern fremden Ländern aus dem bekannten Hang zur Verbreitung

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