Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 1. (1948)
MAASS, Ferdinand: Vorbereitung und Anfänge des Josefinismus im amtlichen Schriftwechsel des Staatskanzlers Fürsten von Kaunitz-Rittberg mit seinem bevollmächtigten Minister beim Governo generale der österreichischen Lombardei, Karl Grafen von Firmian, 1763 bis 1770
'314 Ferdinand Maaß Ränken warnen zu müssen x) und drängt ihn zu immer radikaleren Schritten auf der eingeschlagenen Bahn weiter. Der Fürst konnte zunächst Graf Firmian seine volle Anerkennung dafür aussprechen, daß er den Herzog von Modena in der konsequenten Verteidigung seiner fürstlichen Hoheitsrechte der römischen Kurie gegenüber bei der Stange gehalten hatte. Ferner mochte Kaunitz auch darin keine besondere Schwierigkeit sehen, jene Theorien Firmians in die Tat umzusetzen, die die Abschaffung der kirchlichen Realimmunität vorsahen und die Besteuerung des Klerus aus eigener staatlicher Machtvollkommenheit verfügten * 2). Die Kaiserin hatte sich nämlich schon im Februar dieses Jahres dazu entschlossen, diesen Schritt nunmehr propria auctoritate zu tun, wenn Rom seine Zustimmung zum vorgelegten Besteuerungsplane endgültig verweigern sollte3). Das war ohnehin mehr, als Kaunitz nach all den Fehlschlägen der -letzten Jahre zu hoffen gewagt hatte. Dieser Erfolg würde aber wiederum in Frage gestellt werden, wenn man Ihrer Majestät mit Vorschlägen käme, die sich zwar logischerweise aus den im Sommer 1768 aufgestellten Grundsätzen ergaben, die aber jetzt schon vorzubringen verfrüht gewesen wäre, da man der Kaiserin Zeit lassen mußte, sich auf das selbständige Vorgehen in Kirchenangelegenheiten umzustellen 4) b FK, 27. Dezember 1768. 2) FK, 6. November 1768. 3) Ah. Vortrag vom 26. Februar 1768. Kaiserliche Resolution: „Es ist noch einige Zeit abzuwarten, um die weitere Gesinnung des römischen Hofes, und ob er sich nicht etwa dem diesseitigen Verlangen simpliciter fügen werde, näher einzusehen. Dahero dann auch dem (Kardinal) Albani dermalen gar nichts zu antworten seyn wird. Im Fall, daß der päpstliche Hof seine Einwilligung zu er- theilen entstehen sollte, so ist sich mit demselben in keine weitere Behandlung einzulassen; sondern Ich habe beschlossen, Mich der Mir zustehenden Rechten zu gebrauchen, und diesfalls propria Authoritate fürzugehen . .. M. Theresia.“ • Staatsarchiv, Staatskanzlei, Ah. Vorträge 1768. 4) Vgl. den ah. Vortrag des Fürsten vom 16. Oktober 1768: „Allergnädigste! Euer Majestät haben mir . .. den allerhöchsten Befehl mitzutheilen geruhet, daß ich die diensame Behandlung bey dem Römischen Hofe einzuleiten bedacht seyn solle, damit die beneficia simplicia unter päbstlicher Einwilligung bey ihrer erfolgenden Erledigung nach und nach in den teutschen und hungarischen Erb- ländern eingezogen, und zu Versorgung der Soldaten-Kinder verwendet werden mögen. Nach denjenigen Grundsätzen, welche von mir in Absicht auf die wahren Gränzen der weltlichen Macht und der geistlichen Hierarchie bishero zum Grund . geleget, und von Euer Majestät allerhöchst beangenehmet worden, auch von den