Fekete Ludwig: Türkische schriften aus dem Archive des Palatins Nikolaus Esterházy (Budapest, 1932)
Einleitung
mit unvergleichlicher Reiterbravour durchgeführt werden, wenn man einen guten Erfolg erzielen wollte. Geld und Schätze gab es nur wenig, diese aber wurden in den Festungen behütet, also kamen meistens bloss Mensch und Tier als Beute in Betracht. Diese waren und blieben die wertvollste Beute sowohl auf türkischem wie ungarischem Gebiete. Denn auch der Ungar lernte die Gefangenen schätzen, da diese für ihn ebenso Geld bedeuteten, wie die ungarischen Sklaven für den Türken. Umsonst Hess er sie nicht wieder auf freien Fuss, bloss gegen Geld oder Gegenwerte. Die Taxe des Gefangenen richtete sich ganz nach seinem Range; so war das Lösegeld für den gemeinen Soldaten bedeutend niedriger als für Offiziere und auch bei diesen wieder war es nach dem Range abgestuft. Die Gegner beschuldigten einander, mit der Eintreibung von Gefangenen begonnen zu haben. So schoben die Ungarn, wie bereits erwähnt worden, alle Schuld auf die Türken, die Türken aber alles Odium auf die Ungarn. Gewiss war in solchem Tone schon vor dem XVII. Jahrhundert geschrieben worden; aus der Zeit Esterházys aber haben wir wiederholte Hinweise darauf. Ali Pascha, Graciani und Ahmed Kethüda beschuldigten im Laufe ihrer Verhandlungen ganz offen die Ungarn, dass sie es gewesen seien, die damit begonnen hätten, ein Lösegeld für die Gefangenen zu bestimmen, und auch die türkischen Kommissäre in den Verhandlungen von Gyarmat im J. 1625 verteidigten sich damit, dass sie die Freilassung von Gefangenen gegen Lösegeld nur von den Königlichen gelernt hätten. 1 Später wiederholte auch Musa die Anklage, indem er sagte, dass von den Ungarn die Gewohnheit herrühre, für Gefangene, die zu Friedenszeiten genommen wurden, Lösegeld zu verlangen. 2 Die Aeusserungen der Paschas können natürlich nicht als objektive Erklärungen aufgefasst werden, sie beleuchteten die Frage nur einseitig. Das eine ist aber Tatsache, dass die Lage durch die gegenseitige Beschuldigungen keine Lösung fand; sie hat sich sogar während der ersten Hälfte des XVII. Jahrhunderts derart vergiftet, dass man statt des, allerdings auch früher seltenen, Entgegenkommens nur mehr „Kopf gegen Kopf" in Tausch nehmen wollte. 3 1 Esterházy Miklós, II, 170. 2 s. Aren. Est., Nr. 75 (S. 449). 8 s. S. 361.