Ludwig Fekete: Einführung in die Osmanisch-Türkische Diplomatik der Türkischen Botmässigkeit in Ungarn (Budapest, 1926)

PALÄOGRAPHISCHER TEIL

fahren hielt man besonders dann für angebracht, wenn es sich um Eigennamen handelte. Man ver­wendete es früher in den Handschriften, doch bieten auch die Urkunden Beispiele dafür. Eine buchstabiert die Namen Pápa und Temesvár fol­gendermassen 1 : aIjJ jt-^i dU<l^£ sL> JoT : IL DAS SIEGEL. Gebrauch Im öffentlichen wie privaten Leben der Osmanli­des Siegels. türken spielte das Siegel (mühür jf*, hatim ^ U.) eine grosse Rolle. Seine häufige Verwendung ist wohl damit zu erklären, dass viele der hohen Beamten ohne Schulbildung zu ihrem Rang ge­kommen waren und wegen ihrer Unkenntnis im Schreiben die Schriftstücke nicht zu unterfertigen pflegten. Das Staats- Der Grosswesir als der Vertreter (yekil J-^O) siege/. des Sultans war der Bewahrer des Staatssiegels Cgrossherrliches Siegel': mühr' 1 hümäjUn öj>\P j-^d­Dieses auf einen Ring gravierte Siegel (auch 'Ringsieger mühür jüzükü £jjj>, genannt) trug er als Zeichen falamét o»^) seiner Würde in einer Kapsel am Halse. An den Diväntagen be­siegelte damit der Caus basi die Tore der Schatz­kammer und des Defterhäne. 3 Die Grosswesire hatten auch ein kleines Siegel (kücük mühür ^ Éj^.dessen Abdruck wir auf den in ihrem eigenen Namen ausgegebe­nen Schriftstücken am Rande unter der Pence finden. Mit Tugra versehene Schriftstücke bedurften zu ihrer Bestätigung weder der Unterschrift noch des Siegels, da die Tugra jedes andere Beglaubi­gungsmittel ersetzt und überflüssig macht. Auf anderen Schriftstücken war das Siegel zur Bekräf­tigung oder zum Ersatz der Unterschrift in Ge­brauch, als unmittelbar vom Aussteller stammendes Beglaubigungsmittel. 1 D$ografja-i kebir, Hs in der Köprülü-Bibliothek zu Kon­stantinopel. 2 Das Wort mähr ^ heisst in übertragenem Sinne c Been­digung, Beglaubigung \ Ein Ehrenprädikat Mohammeds war mühr' sipihr-i nübüvvet (o^s ^) c Siegel des Propheten­tums\ d. i. der letzte Prophet oder, einer anderer Erklärung nach (mihr . ..), c Sonne des Himmels des Prophetentums 3 . 3 MTM I. 499., 510.; TOEM V. 289. Die Siegel wurden mit der zum Schreiben gebrauchten Tinte befeuchtet. Zum Verschliessen der Sendbriefe wurde ein anderes Verfahren be­folgt. Dieses bestand darin, dass man das trockene Siegel auf das mit Wasser befeuchtete Papier drückte. Diese Eindrücke sind naturgemäss heute kaum mehr sichtbar. Bei der Gravierung kommen beide möglichen Die Gravie­rung der Verfahren vor; entweder lässt man die Buchstaben Siegel. erhaben stehen, in welchem Falle sie schwarz zu lesen sind, oder man vertieft die Schrift, die dann auf schwarzem Grunde weiss erscheint. Auf man­chen Siegeln treten beide Arten gleichzeitig auf: der Name des Eigentümers ist nach dem einen, die Devise oder der Gebetsspruch nach dem an­deren Verfahren ausgeführt. Im Wortlaut folgte man dem durch die Perser veredelten arabischen Geschmack. Auf Grund des Vergleiches der Siegel kann man folgern, dass gewisse Masse an gewisse Rang­stufen gebunden waren. Im Laufe der Zeit wuchs die Grösse der Siegel der verschiedenen Klassen, ihre Herstellung wurde verfeinert. Das Siegel des Grosswesirs Ajäs Pasa hatte im J. 1536 einen Durchmesser von kaum 15 mm. Anderthalb Jahr­hunderte später gebrauchen seine Nachfolger schon Siegel von 40—50 mm Durchmesser. Da auch die Siegel der anderen Beamten in ähnlicher Weise zunahmen, mass am Ende der Botmässig­keit das bescheidenste seine 20 mm im Durch­messer. Die Form der Siegel ist sehr mannigfaltig. Die Form der Siegel. Wir finden einen bunten Wechsel von Kreisen, zusammengepressten, langgezogenen, zugespitzten Elipsen, Vier- und Vielecken. Der Rand kann glatt, gezahnt, spitzenartig sein u. s. w. Der Text grösserer Siegel besteht aus zwei Die Legende der Siegel. Teilen: der eine, wesentliche, nennt den Namen und das Jahr des Amtsantritts des Eigentümers oder der Herstellung des Siegels; der andere enthält den Wahlspruch des Inhabers, einen oft aus einem zweizeiligen Vers bestehenden Gebets­text, ein Kor'änzitat oder ein Stossgebet. Auf den Siegeln niedriger Beamten pflegt ausser dem Namen nichts eingraviert zu sein. Auf denen von Privatpersonen finden wir hingegen

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