Erzsébet Fábián-Kiss: Die ungarischen Ministerratsprotokolle aus den Jahren 1848–1849 (Magyar Országos Levéltár kiadványai, II. Forráskiadványok 29. Budapest, 1998)

Ministerratsprotokolle

Auszug des Protokolls der außerordentlichen Ministerratssitzung am 19. Mai 1849 7 Uhr abends in Debrezin: 7. Der Gouverneur trug die amtliche Meldung von Feldmarschalleutnant Bern, datiert vom 16. Mai 1. J. aus Orschowa unter ./. vor, in der er meldet, daß das Banat ohne große Opfer vom Feind gesäubert und wiedergewonnen wurde; daß der österreichische Heerführer Puchner, alle waffenfähigen Männer mit sich nehmend, erneut in die Walachei geflüchtet ist; und schließlich, daß der meldende Feldmarschalleutnant gegen die geduldete Bewegungsfreiheit und den Aufenthalt des von ihm jetzt schon zum zweiten Mal aus Ungarn vertrie­benen österreichischen Heeres in der Walachei als einer unter türkischer Sou­veränität stehenden Provinz beim neuen Belgrader Pascha Protest erheben wird. 1 Weiters: Der Gouverneur wies einen an Oberst Kohlman gerichteten und von ihm eingesandten in Belgrad datierten Brief 2 sowie auch ein aus einer Konstantinopeler Zeitung entnommenes Bulletin vor. Aufgrund dieser Berichte wurde, um aus den Siegen unseres tapferen Heeres für unser Vaterland möglichst großen Erfolg zu sichern, beschlossen: 1. : daß die Banater Grenzlinie sobald als möglich reorganisiert wird. Des­sen erfolgreiche Durchführung wurde dem Innenminister übertragen. 3 2. Der Minister des Äußern soll aufgrund der „non interventio" in ihrer wahren Bedeutung in diplomatischen Noten an die englischen, französischen und andere Konsulate in Bukarest erklären, daß Ungarn wie bisher, so auch weiterhin zur Aufrechterhaltung freundschaftlicher Verhältnisse zu den Nach­barmächten und -nationen und zur Respektierung der Grenzlinien bereit ist. Aber gerade weil Ungarn dies treu erfüllt hat, erwartet es ebenso von den Nachbarmächten und -nationen, daß nach der möglichst baldigen Entwaff­nung der von unserem tapferen Heer zum zweiten Mal vertriebenen und in die Walachei geflohenen österreichischen Heere aufgrund des „non interventio"­Prinzips und der Achtung der Volkssouveränität ihre Waffen zu uns geschickt und ihnen in den Nachbarländern und Provinzen für ihre Kriegsvorbereitung gegen Ungarn die Bewegungsfreiheit, das Lageraufschlagen [der Aufenthalt] und die Bewaffnung streng verboten werden. In diesen diplomatischen Noten muß auch erklärt werden, daß Ungarn bereit ist, mit den im Land lebenden verschiedenen Volksstämmen wie bisher, so auch in Zukunft ohne Ausnahme sämtliche Bürgerrechte zu teilen; infolgedessen ist eine Unterdrückung der im Gebiet Ungarns wohnenden Volksstämme durch die Ungarn nicht im gering­sten wahr und stimmt nicht im entferntesten, da jeder Volksstamm die völlige Freiheit hat, seinee Religion, nationale Sprache und den Unterricht seiner Kinder in der betreffenden Kirche, der Gemeinde, in seinen Schulen und im Familienkreis zu pflegen, zu üben und zu sichern. 4 Die Ausfertigung und durch geeignete Personen geschehende Überbring­ung der in diesem Sinne zu verfertigenden diplomatischen Urkunden an

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