Erzsébet Fábián-Kiss: Die ungarischen Ministerratsprotokolle aus den Jahren 1848–1849 (Magyar Országos Levéltár kiadványai, II. Forráskiadványok 29. Budapest, 1998)

Ministerratsprotokolle

MINISTERRATSPROTOKOLLE l. Preßburg, 12. April 1848* 12. April 1848. Ministerratssitzung in Preßburg. Vorsitzender ist der Palatin und königliche Statthalter. I. Der Bürgermeister der Stadt Schemnitz meldet, 1 daß die Bewohner slowakischer Zunge meist evangelischer Religion, besonders aber einige Schü­ler im Einverständnis mit den kroatischen und serbischen Schülern und sogar mit Wissen der russischen Regierung an einer Empörung gegen die Ungarn arbeiten. Der Berichterstatter beruft sich auf einen gewissen Leitartikel, der in der slowakischen Zeitung Sturs 2 erschien, und auf zwei im Original vorgelegte Briefe, in denen ein gewisser Preßburger Schüler namens Ormis den Schem­nitzer Schüler Mathias Chren über die Aufführung eines slowakischen Dra­mas und eine slowakische Verschwörung informiert; schließlich erwähnt der Berichterstatter einen gewissen Preßburger Schüler Koselniczky und den Schemnitzer Bergbaupraktikanten Janeso, die zum Vorantreiben des slowaki­schen Aufstandes aufwiegeln. Beschluß. Da aus diesem Bericht kein solches Vergehen hervorgeht, das jetzt schon ernsthaftere Verordnungen verlangte, scheinen die angezeigten Details in ihrer Isoliertheit allein Ausflüsse der panslawistischen Richtung zu sein, die allerdings unter den gegenwärtigen außerordentlichen Umständen auch insofern schon Aufmerksamkeit verdienen, als in Kroatien ebensolche Bewegungen zur Trennung vom Mutterland stattfinden; 3 im Komitat Bács wur­den die ungarischen Matrikeln verbrannt; 4 am Fluß Unna sind mehrere tausend Bosniaken in Waffen erschienen; 5 im ganzen Oberungarn ist das slawische Ele­ment in lebhafter Bewegung usw. 6 Indem sie die Beziehung dieser Aufwiegelung­en mit Besorgnis betrachtet, beschließt die Regierung folgendes. ­1. Der Oberrichter der Stadt Preßburg, Bajcsi, wird als Aufseher der dorti­gen evangelischen Schulen durch das Erziehungsministerium angewiesen, daß er mit geschickter Vorsicht eine Untersuchung unter den Schülern durchführ­en solle, ob dort nicht solche Bewegungen seien, die Abtrennung oder eine andere schuldhafte und gesetzlich verbotene Bestrebung zum Ziel haben; den Schüler namens Ormis solle er über die beiden Briefe befragen, die dem Minis­terium in dieser Sache geschickt wurden; er soll von ihm erfahren, ob er sie als von ihm geschrieben anerkennt? Ahnlich soll er auch den Schüler Koselniczky darüber verhören, was Chrens Briefe enthalten, und über all das Bericht er­statten. Dem Schemnitzer Bürgermeister wird geantwortet, daß er aufmerk­sam die etwaige Entwicklung der angezeigten Bewegungen verfolgen soll, und • sollte er etwas erfahren, was von gewisser Wichtigkeit ist, möge er es unver­züglich dem Innenminister 7 melden und unterdessen die keinen Verzug dul-

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