Franciscus Dőry: Decreta Regni Hungariae : Gesetze und Verordnungen Ungarns 1301–1457 (Magyar Országos Levéltár kiadványai, II. Forráskiadványok 11. Budapest, 1976)
Decreta
15. April 1405 In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts und am Anfang des 15. Jahrhunderts nahm die Entwicklung der ungarischen Städte einen stürmischen Aufschwung. Ein Teil wurde in dieser Epoche zum Mittelpunkt von Industrie und Handel, zu einer richtigen Stadt. Ihre Bevölkerung beschäftigte sich immer mehr mit Handwerk und Handel und gab die Urproduktion auf. Vom Bodengewinn der Warenproduktion im ganzen Lande zeugt die rasche Zunahme der neben den Städten sich kraftvoll entwickelnden Marktflecken, in denen sich das weniger bedeutende Handwerk mit intensiver landwirtschaftlicher Warenproduktion und Warenaustausch paarte. Sigismund erblickte in den Städten geeignete Quellen, um seine ständig leere Schatzkammer zu füllen. Schon früher hatte er ihren Aufschwung durch Verleihung von Privilegien, Messe- und Zollbegünstigungen gefördert. Der zunehmende Verkehr und die wirtschaftlichen und politischen Bestrebungen des städtischen Bürgertums erforderten die Regelung der Rechtslage der Städte und ihrer Han^ delsverbindungen. Das bewog den Herrscher im Frühling 1405, die Vertreter der Städte, Marktflecken und königlichen Dörfer zusammenzurufen und nach Anhören ihrer Beschwerden und Privilegien, diese mit den Vornehmen des Landes erörternd, sein erstes Dekret vom Jahre 1405 zu erlassen. In unserer Geschichtsliteratur war es strittig, ob dieses Dekret auf einem Reichstag entstanden ist. Diejenigen, die diese Frage bejahten, glaubten darin einen Beweis dafür zu sehen, daß die Städte zur Zeit Sigismunds auf den Reichstagen vertreten wären und sich das Bürgertum zu einem Stand organisierte. E. Mályusz lieferte durch die gründliche Analyse des Wortlautes des Dekrets den Beweis dafür, daß die Beratung vom Jahr 1405 nicht als Reichstag betrachtet werden kann, weil die Abgesandten der Komitate nicht daran teilnahmen. Das Dekret ist nach der Beratung aufgrund der Verhandlung des königlichen Rates und seiner Beschlüsse entstanden. Beachtenswert ist, daß das vom 2. April 1405 datierte, der Stadt Debrecen verliehene Privileg nicht nur im Geiste des Dekrets verfaßt worden ist, sondern dessen Artikel III—IV beinahe wortwörtlich enthält. Vom allgemeinen Brauch abweichend, sandte der Herrscher das Dekret der Versammlung des Komitats Pest-Pilis - und wahrscheinlich auch anderer Komitate - zu. Dieses ungewöhnliche Verfahren zeugt von der Anerkennung und Unterstützung der ständischen Bestrebungen des Gemeinadels.