Komjáthy Miklós: Protokolle des Gemeinsamen Ministerrates der Österreichisch-Ungarischen Monarchie (1914–1918) (Magyar Országos Levéltár kiadványai, II. Forráskiadványok 10. Budapest, 1966)

Einleitung: Die Entstehung des gemeinsamen Ministerrates und seine Tätigkeit während des Weltkrieges

Position geerbt. Aufgabenkreis und Funktion dieses Ministerrates haben sich aber in den stürmischen Tagen des Jahres 1848 herausgebildet. Von unserem Gesichtspunkt ist das Protokoll der Sitzung der Staats-Konferenz am 17. März 1848 auch wegen seiner Formalitäten bedeutsam. 127 Vor allem des­halb, weil das Protokoll der Staats-Konferenz die Aufschrift Ministerratsproto­koll trägt. In den Formalitäten und in der laufenden Numerierung schließen sich diesem eng die Protokolle der konstitutionellen Zeiten, dann — wie bereits flüchtig erwähnt und worauf bei Behandlung der Formalitäten der Protokolle noch zurückzukommen sein wird — der Ära Bach und Schmerling an. 128 Die Staats­Konferenz, auf der Erzherzog Franz Karl den Vorsitz führte, 129 erklärte, daß im Sinne der allerhöchsten Entschließung vom 15. März unverzüglich ein verant­wortlicher Ministerrat zu bilden sei. Der Ministerrat habe aus dem Minister des Äußern und des kaiserlichen Hauses, dem Minister des Innern, dem Justiz-, dem Finanz- und dem Kriegsminister zu bestehen. 130 Den Vorsitz im Ministerrat werde der vom Herrscher zu designierende Ministerpräsident führen. 131 Es wurde auch beschlossen, ein kurzes offizielles Kommunique herauszugeben, um bis zur endgültigen Regelung des Ministerrates und der Festlegung des Wirkungsbereiches der einzelnen Minister 132 die Öffentlichkeit zu beruhigen. 133 Das an den Grafen Kolowrat gerichtete Reskript Ferdinands V. vom 31. März 1848 ordnete an, daß die Minister und andere Vertraute des Herrschers, entspre­chend den Erfordernissen der Situation, täglich zusammentreten. 134 In diesem allerhöchsten Handschreiben werden neue Elemente der Zusammensetzung und der Sitzungsordnung des Ministerrates (es darf nicht vergessen werden, daß es sich hierbei um das Vorbild des durch den Ausgleich geschaffenen gemeinsamen Mini­sterrates handelt) festgelegt. In der tags darauf, am 1. April zusammengetretenen Konferenz wurde vor allem über die Besetzung des Finanz- und des Kriegsmini­sterpostens beraten und über laufende Angelegenheiten, die mit der Verfassungs­änderung zusammenhingen. Bei der Organisierung des gemeinsamen Ministerrates wurde auf dieses Statut hingewiesen, bei der Bestimmung der Geschäftsordnung, der Funktion des Ministerrates wurde nicht darauf zurückgegriffen. In seinen Verfü­gungen kommen jedoch der Reihe nach jene Verfahrensweisen vor, durch die später auch die Praxis des gemeinsamen Ministerrates bestimmt wurde. Kraft der Gewohnheit wurzelten diese ebenso im Statut aus dem Jahre 1848, wie sich die Registrierungsordnung der Protokolle des gemeinsamen Ministerrates und sozusa­gen alle Formalitäten derselben der Registrierungsordnung und den Formalitäten des ersten verfassungsmäßigen Ministeriums und darüber hinaus dem Form- und Rechtsvorgänger des gemeinsamen Ministerrates, dem höchsten Regierungsorgan zur Zeit des Absolutismus, dem kaiserlichen Ministerrat angeschlossen haben. Im Statut wird vor allem festgelegt, daß der Mittelpunkt der Regierung der Ministerrat ist. 135 Aufgabe des Ministerrates ist, einesteils gemeinsame Beschlüsse zu fassen, andernteils die Anträge der einzelnen Minister und die dem Ministerrat vorgelegten Angelegenheiten zu prüfen und über dieselben zu beschließen. Eine seiner Hauptfunktionen ist, in strittigen Fragen ein Übereinkommen zu erzielen und zu den Aufgaben der Minister gehört es, ihre Ministerkollegen auf kürzestem Wege über die in ihr Ressort fallenden Sachen zu orientieren. 136

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