Komjáthy Miklós: Protokolle des Gemeinsamen Ministerrates der Österreichisch-Ungarischen Monarchie (1914–1918) (Magyar Országos Levéltár kiadványai, II. Forráskiadványok 10. Budapest, 1966)
Einleitung: Die Entstehung des gemeinsamen Ministerrates und seine Tätigkeit während des Weltkrieges
Lösungsmethode für besser, die eher zum Ziele führt. Nach den Wahlen, die Belcredis föderalistischer Auffassung eine Mehrheit gebracht hatten, mußten Verhandlungen mit dem Reichsrat besonders kompliziert sein. Deshalb stellte sich Beust eindeutig hinter den ungarischen Ausgleichsplan. Bei der Konferenz der österreichischen Minister mit den Delegierten der Deák-Partei am 19. Januar 1867 war bereits die Richtung, in der die Lösung der Probleme erfolgen würde, zu erkennen. Am 1. Februar 1867 entließ der Kaiser Belcredi 74 und ernannte Beust zum Ministerpräsidenten der kaiserlichen österreichischen Regierung. Beust übernahm in seinem Kabinett gleichzeitig auch die Portefeuilles für Äußeres, Inneres, Unterricht und Polizeiwesen. So konnte er sich fast mit Pienipotenz in den weiteren Gang der Dinge einschalten. Dieses persönliche Moment trug ebenfalls dazu bei, daß der Ausgleich unter solchen Formen und mit solchem Inhalt zustandekam, die das im vorhinein widerspruchsvolle Wesen der neuen Einrichtung der Monarchie, der dualistischen Staatsorganisation noch mehr unterstrichen. Am Ministerrat vom 14. Februar 1867 nahmen die verhandlungsführenden ungarischen Staatsmänner bereits als ausersehene ungarische Minister teil. Auf dieser letzten Beratung wurde über Zoll- und Handelsfragen entschieden. Hierbei konnten die Ungarn erreichen, daß die Zoll- und Handelsfragen nicht als aus der Pragmatischen Sanktion resultierende, gemeinsame Angelegenheiten betrachtet werden. Dadurch behielten die beiden Staaten in einem wichtigen Teil der Angelegenheiten, die die wirtschaftliche Grundlage der Monarchie bildeten, ihre Unabhängigkeit. Der ohne Zweifel staatsrechtliche Erfolg der Ungarn hatte — worüber in anderem Zusammenhang zu sprechen sein wird — weitere, das Schicksal der Monarchie verhängnisvoll beeinflussende Auswirkungen, denn die wirtschaftliche Stabilität und der Kredit des Kaiser-Königreiches wurde durch die Unsicherheit der in Zoll- und Handelsfragen von Zeit zu Zeit notwendig werdenden Unterhandlungen gefährdet. Der Herrscher ernannte am 18. Februar 1867 die Regierung Andrássy; das ungarische Abgeordnetenhaus nahm den Ausgleich am 30. März, das Magnatenhaus am 2. April an. Als Ges. Art. Nr. XII v. J. 1867 wurde er in das ungarische Gesetzbuch aufgenommen. Der König sanktionierte das Gesetz, das zur staatsrechtlichen Grundlage des Verhältnisses der zwei Länder wurde, am 12. Juni. 75 IX Der zentrale Gedanke des Ausgleichsgesetzes, um den sich die übrigen Probleme und die Bestimmungen über die neue Struktur der Monarchie drehen, ist die Feststellung der gemeinsamen Angelegenheiten. Der Ges. Art. XII vom Jahre 1867 begründet die Notwendigkeit der mit der anderen Reichshälfte gemeinsamen Angelegenheiten in einer geschichtlich-verfassungsrechtlichen Einleitung. 76 Diese Begründung, wie überhaupt die überbetonte Rückführung der gemeinsamen Angelegenheiten auf die Pragmatische Sanktion fehlen im österreichischen Gesetz vom 21. Dezember 1867. Letzteres formuliert auch bündiger, daß als gemeinsame Angelegenheiten die Außenpolitik, die gemeinsame Verteidigung, das Heerwesen und das zur Deckung dieser Bedürfnisse notwendige Finanzwesen zu betrachten sind. 77