Mitteilungen des K. K. Archivrates 3.

Otto H. Stowasser: Das Archiv der Herzoge von Österreich. Eine Studie zur Überlieferungsgeschichte der habsburgischen Urkunden

Das Archiv der Herzoge von Österreich. 27 wollte; man wird an die Bestimmung der Hausordnung Herzog Rudolfs IV. erinnert, die sieh leider nicht hatte behaupten können. Es blieb also wenigstens bei der Dreiteilung und als Herzog Al­brecht bald darauf im Jahre 1463 aus dem Leben schied, verminderte sich die Zahl der Kanzleien auf zwei, so daß nunmehr nur aus zwei Quellen archivalischer Stoff erfloß. Das hatte aber keine Vereinheitlichung der friderizianischen Archive zufolge, sondern es blieb alles beim alten, wie es war. Dabei ist die Dreiteilung nur in der Theorie richtig. In Wahrheit war das Archiv zerstreut in den Vorlanden, in Innsbruck, Graz, Wiener-Neustadt, Wien, wie eben der Zufall die Regierungen der einzelnen Herzoge sich ihren Sitz hatte wählen lassen. Solche Verhältnisse waren den praktischen Bedürfnissen der da­maligen Zeit so wenig förderlich, wie heute in ihren Nachwirkungen den historischen Studien, die ja oft genug daran ein Interesse haben können, den jeweiligen Lagerort einer Urkunde festzustellen und sie auf ihren Wanderungen zu verfolgen. Zu diesem Zwecke wäre es nötig, die ver­schiedenen Teilbestände des Archivs erfassen und ihren Inhalt bestimmen zu können. Aber da versagen, so viel ich sehe, alle Hilfsmittel. Denn wenn wir auch z. B. in der Lage sind, über die Archivzugehörigkeit ein­zelner Register zwingende Schlüsse zu ziehen, so gilt das gleiche nicht von den Einzelurkunden in ihrer Masse. Zwar ist es natürlich jnöglich, die für die Herzoge ausgestellten Urkunden nach dem Gesichtspunkte des Terri­toriums und nach den Namen der herzoglichen Empfänger einem der theoretisch angenommenen drei Archive zuzuteilen, aber für einen be­stimmten Zeitpunkt muß der Schluß nicht immer zwingend sein, wie aus dem vorher Gesagten sich ergibt. Bei den von den Herzogen ausgestellten Urkunden, die zum Teil, wie etwa die zahlreichen Pfandbriefe, wieder in die Archive des landesfürstlichen Hauses zurückströmten, ist ein solcher Schluß nur möglich, wenn uns etwa ein glücklicher Zufall über den ge­nauen Zeitpunkt belehrt, in dem die Urkunde wieder an ihren Aussteller, beziehungsweise seinen Rechtsnachfolger zurückgelangte. Das ist natürlich selten. Aber es stehen uns, von solchen Schlüssen, die, wie gesagt, nur teilweise möglich und auch dann wieder nur teil­weise zwingend sind, keine Kriterien für die Lösung der Frage nach der Archivzugehörigkeit dieses oder jenes Stückes zur Verfügung. Denn kein Zeitpunkt — und das gilt für alle Archive der drei habsburgischen Teil­dynastien — hat jedem einzelnen Stück ein Merkmal aufgedrückt, das uns untrüglich darüber belehrte, daß eine bestimmte Urkunde damals zu diesem Archive gehörte. Diese Frage ist archivalisch auch darum von Interesse, weil be­kanntlich auch heute die Bestände des alten Staatsarchivs der Herzoge von Österreich in einer Dreiteilung der wissenschaftlichen Benützung

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