Mitteilungen des K. K. Archivrates 2. (Wien, 1916)

Dr. Andreas Mudrich: Das Salzburger Archivwesen

Das Salzburger Arehivwesen. 185 beiden angehörten und der Hofkanzler, der Leiter des Hofrates und der Kanzlei, verpflichtet war, auch »die Camer- und Lehensachen, so es not ist, zu übersehen« und an den Beratungen des Kaminerrates teilzunehmen.1) Die Kompetenz der beiden Kollegien war dementsprechend sehr schwan­kend, Fälle gleicher Art wurden bald dem Hofrat, bald dem Kammerrat zugewiesen. Erst Wolf Dietrich zog durch seine Instruktionen und Ordnungen, die er 1588 (1. Juni) der Kammer* 2) und (17. August) dem Hofrat3) und 1592 (1. Februar) der Hofkanzlei4 *) gab, festere Grenzen. Bis zu dem letztgenannten Jahre bestand nur eine Kanzlei. Sie besorgte sowohl die Privatsachen des Erzbischofs als auch die Geschäfte des Kates, beziehungsweise des Kammer- und des Hofrates. Unter den Erzbischöfen Michael (1554 bis 1560) und Johann Jakob (1560 bis 1586) gehörten zu ihr der Kanzler, ein Protonotar, ein Ratssekretär, ein Ge­richtsschreiber, ein Taxator, der zugleich Registrator war, und sechs bis sieben geschworene Kanzleisehreiber. Demzufolge würde man erwarten, daß sich beim »Rate«, beziehungsweise in der Kanzlei eine Masse von Akten verschiedensten Inhalts angesammelt hätte. Dem war jedoch nicht so. Die Kanzlei verwahrte nur die sogenannten Kateniehl, die Protokolle und die Gerichtsakten, während alle übrigen zur Kammer gegeben wurden.6) Die Kateniehl verdanken ihre Entstehung dem alten Brauche der Salzburger Kanzlei, die Konzepte Stück für Stück, wie Glieder einer Kette (catena) aneinander zu heften. In den dreißiger Jahren des 16. Jahr­hunderts begann man, auch Bittschriften, Berichte und andere einge­laufene Schriften samt den Konzepten der Erledigung anzuheften. Diese Bücher nannte man »Catenichl cum appensis«. Die Appensa sind mit dem Einlaufsdatum, häufig auch mit Vermerken: »in consilio«, »In Hof­rat«, »in consilio camerae«, »In Cammerrat«, zuweilen auch mit einem kurzen Bescheid versehen. Unter Erzbischof Matthäus machte man denVersuch, die Konzepte, nach ihrem Inhalte gruppiert, zusammenzuheften. Auf diese Art ent­standen mehrere Reihen nebeneinander laufender Kateniehl; die eine betraf die Verhältnisse mit Österreich, Steiermark, Kärnten und Tirol, eine 4) Archiv, 5XIII, Hl und 32: Hofkanzler-Bestallung von 1555 und 1585; Archiv, XXIII, 3: Kanzlei-Ordnung von 1592; Archiv Generalia, Nr. 1 und 6: Kanzlei-Ord­nungen von 1555 und 1561. — Ein ähnliches Verhältnis zwischen Hofrat und Hof­kammer bestand damals in Bayern, dessen Einfluß auf Salzburg unter Erzbischof Ernst nicht zu verkennen ist. 2) Archiv, XXIII, 32. 3) Hofrats-Katenichl, 1588, 170ff. 4) Archiv, XXIII, 3. s) Siehe Kap. I, S. 7.

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