Mitteilungen des K. K. Archivrates 2. (Wien, 1916)

Dr. Andreas Mudrich: Das Salzburger Archivwesen

10 Dr. Andreas Mudrieh. und Kriegsunruhen und andere dringende Geschäfte war er jedoch Jahre hindurch in Anspruch genommen, daß er diese Arbeit auf ruhigere Zeiten verschieben mußte. Als sich solche bei dem Regierungsantritt des Erzbischof Andreas Jakob (1747—1753) einstellten, unterbreitete er 1748 dem Fürsten seine Vorschläge wegen Einsetzung einer Spezialkommis­sion. Diese trat noch in demselben Jahre zusammen und zählte zu ihren Mitgliedern den Hofratsdirektor Ferd. Freiherrn von Rehlingen, den Hofkanzler Cristani von Rail, den Konsistorialdirektor Joh. Jos. Frey- nenter, den Kammerdirektor Gerhard von Gerlichs und den Geheimen Sekretär Franz Jos. Ayblinger, denen als Aktuare der Hofratssekretär und Registrator Henckl und der Geheime Registrator Franz Burkhard Strasser beigegeben waren. Das Archiv befand sich damals im sogenannten Neubau, einem von Wolf Dietrich begonnenen und von Max Gandolf 1682 vollendeten Monumentalbau. Das als Archivraum dienende Zimmer lag im ersten Stock des vom letzteren Erzbischof errichteten westlichen Traktes, nur durch einen kleinen Vorraum von der ehemaligen Hofbibliothek getrennt. Ursprünglich war wohl auch dieser Raum, wie die oberhalb des Portals befindliche Inschrift: Sapientiam omnium antiquorum exquiret sapiens bezeugt, für die Bibliothek, wahrscheinlich als Lesezimmer, bestimmt gewesen. Nach Strassers Aussage war das Archiv seit dem Jahre 1731, in welchem er die Stelle seines Vaters als Geheimer Registrator angetreten hatte, und »so er es gedenken mochte, ganz unverrückter geblieben«. Der Kommission bot sich ein trauriges Bild. Die drei Hauptkästen standen offen, das ganze Lokal war voll Staub. Die Tische und Bänke waren mit Urkunden, Akten und herausgezogenen Schubladen bedeckt. Nach vorgenommener Reinigung revidierte die Kommission das ganze Archiv in 46 Sitzungen (1747 und 1748), wobei sie den Abgang von zirka 200 Urkunden und Akten feststellte, die dann bei Behörden und Privaten requiriert wurden. Zahlreiche nicht verzeichnete Stücke wurden in den Repertorien nachgetragen und gehörigen Orts eingelegt. Der Antrag des Hofkanzlers, die abgängigen Originale durch beglaubigte Abschriften zu ersetzen, kam leider auch damals nicht zur Ausführung. Von den zwei Archivschlüsseln wurde einer dem Hofkanzler, der andere dem Konsistorialdirektor übergeben. Sollte das Archiv nicht in kurzer Zeit in den früheren Zustand der Verwahrlosung zurückfallen, mußte es der Obsorge eines eigenen Archivars mit entsprechender Vorbildung anvertraut werden. Dies erkannt und den richtigen Mann auf diesen Posten gestellt zu haben, gereicht dem Erz­bischof Siegmund zu besonderem Verdienste. Er ernannte den jungen Franz Th. v. Kleimayrn, den er zu seiner weiteren Ausbildung nach

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