Mitteilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 7. (Dritte Folge, 1911)

Hauptmann Bartsch: Zur Psychologie des Vaters Ferdinands von Schill

42 Bartsch. Die drei Kinder erhielten vom Kaiser jährliche Gnaden­gehalte. Die zwei Söhne1) kamen in die östei’reicbische Armee; der nach Schills berühmtesten Sohne getaufte Ältere trat im Jahre 1827 als Kadett in das schlesische Infanterieregiment Kaiser Franz Kr. 1 ein, der zweite, August, ein Jahr später zu Kassau-Infanterie. Beide absolvierten die Olmlitzer Kadetten­kompagnie, hielten sich gut und waren allem Anschein nach ruhig und sparsam. Von der wilden Lebenskraft, die der Vater ihren seiner Vollblüte entsprossenen Stiefbrüdern ver­erbt hatte, bekamen diese zwei Männer nur wenig ab. Sie starben beide in jungen Jahren; Ferdinand als Haupt­mann, August schon als Leutnant im Jahre 1838. Vollends die von dem achtzigjährigen Vater noch in die Welt gesetzte Tochter Aloisia wies alle physischen Merkmale seniler Zeugung auf. Ärztliche Berichte aus dem 18. und 24. Lebens­jahre schildern das arme, sein Lebenlang von der Gnade des Kaisers abhängende Ding, als mit schwerer Skrofulöse behaftet, von beständigen Augenentzündungen gequält und so schwachsichtig, daß es zu jedem Lebensunterhalte un­fähig war. Die am 24. Oktober 1831 gestorbene Witwe des alten Schill hatte jedem ihrer Kinder 26 Gulden hinter­lassen und als Aloisia von ihrem Bruder August 98 Gulden erbte, mußte sie dringend um Ausfolgung dieser Summe bitten, da es ihr an dem notwendigsten Bestände von Kleidern und Wäsche mangelte2). Trotz Krankheit und Kot erreichte das arme Geschöpf die Lebensdauer ihres Vaters. 1902 lebte sie noch bei Mattig- hofen in Oberösterreich! So lebte bis in unsere Tage hinein das rege An­denken an jenen Mann, der, zum Vater eines Helden be­stimmt, außer zweifellosem Mut nicht eine der herrlichen Ge­mütsgaben besaß, die das Andenken seines großherzigen Sohnes heute noch dem deutschen Volke verklären. Der *) *) Beide Söhne erblickten im Ausland das Licht der Welt, ver­mutlich da Schills Lebensgenossin die außereheliche Geburt unauf­fälliger machen wollte. Es waren dies Ferdinand von Schill, geboren am 21. Juni 1812 zu Groß-Koschitz in Preußisch-Schlesien und August von Schill, geboren am 27. Jänner 1814 ebendort. s) H. K. R. 1835, Registratur, I), 7/718.

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