Mitteilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 4. (Dritte Folge, 1906)

Hauptmann Just: Das Herzogtum Warschau von seinen Anfängen bis zum Kampf mit Österreich 1809

Das Herzogtum Warschau. 67 Sollte jetzt im Frieden, nicht von Staats wegen dort genommen werden, wo noch etwas zu holen war, so mußte die Regierung Mittel ergreifen, um das Defizit von 21 Millionen polnischen Dulden, welches das Budget des Jahres 1808 auf­wies *), zu decken. In dieser Absicht wurden zunächst die Ansprüche der Landesbewohner an die Staatskasse, die noch aus der Kriegs­zeit datierten, überrechnet und durch eine Kommission liquidiert, die neuen Lasten aber, welche durch die Ver­pflegung der französischen Truppen entstanden, entsprechend verteilt. Schwieriger gestaltete sich die Aufnahme einer Staats­anleihe auf die Nationalgüter. War eine solche bei den kriege­rischen Zeitläuften und dem noch wenig entwickelten Geld­wesen damals selbst für größere Staaten nur schwer erreichbar, so schien sie für Polen, welches im Ausland gar keinen Kredit besaß, kaum aufzubringen. Erst als Marschall Davout und Fürst Poniatowski sich bereit erklärten, mit ihrem Grundbesitz für eine Summe von je 500.000 polnischen Gulden hypothekarisch zu haften, und diesem Beispiel der Hochadel des Landes gefolgt war, kam die Anleihe in der Höhe von 4 V2 Millionen zu stände * 2). Den meisten Erfolg zur Stärkung des Staatsschatzes versprach sich aber die Regierung von der Erwerbung der sogenannten preußischen Schuldforderungen (créances prussiennes). Bereits vor Abschluß des Tilsiter Friedens hatte der französische Generalintendant Daru ein Verzeichnis aller Hypothekarforderungen entworfen, welche der preußische Staat auf Grundstücken des nachmaligen Herzogtums Warschau besaß. Obgleich nun der Artikel 25 dieses Friedensvertrages das Eigentum von öffentlichen Anstalten ausdrücklich von der Beschlagnahme ausschloß, so waren doch auch Posten der Berliner Bank und der Seehandlung, deren Fonds wenigstens zum größten Teil der preußischen Regierung zustanden, wie Forderungen der Witwenkasse und des Potsdamer Waisen­hauses von Daru in seine Liste aufgenommen worden, die ’) Flathe, 17. 2) Journal de l’Empire, Mitteilung aus Warschau, 20. April 1808. 5*

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