Mitteilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 4. (Dritte Folge, 1906)

Hauptmann Just: Das Herzogtum Warschau von seinen Anfängen bis zum Kampf mit Österreich 1809

20 Just. schaus. Auf allen Straßen, in allen Familienkreisen vernahm man die Worte: „Kosciuszko ist nicht mehr.” Mit diesem Verlust lösten sich die lockeren Bande der Einigkeit, die gerade jetzt um so fester hätten geknüpft werden müssen, da der Augenblick herannahte, der Polens Schicksal entscheiden sollte. Der Nationalrat wählte nunmehr den bei der lithauischen Armee befindlichen GL. Thomas Wawrzecki1) zum Ober­befehlshaber, bis zu dessenAnkunft in Warschau GL. Zaj a,ezek das Kommando führen sollte. Dieses zu sichern war augen­blicklich die Hauptaufgabe. An den Verschanzungen Pragas wurde daher mit doppeltem Eifer gearbeitet. Zaj a,cz ek schlug vor demselben ein Lager auf, während Fürst Poniatowski Warschau von Norden her deckte. Zugleich wurde General Mokranowski mit der lithauischen Armee, sowie Madalinski und D^browski aus Südpreußen nach der Hauptstadt berufen2). Allein auch Suworow versäumte nach Kosciuszkos Fall keine Zeit, um ahe russischen Truppen an sich zu ziehen und mit vereinter Heeresmacht gegen Praga vorzurücken, zumal er dem König von Preußen zuvorzukommen trachtete. Am 4. November mit Tagesanbruch begannen die Russen die Befestigungen von Praga zu stürmen. Bald waren sie genommen, nur einige hundert Verteidiger retteten sich nach Warschau. An 8000 Polen fielen mit den Waifen in der Hand, Tausende von Einwohnern beiderlei Geschlechtes wurden niedergemetzelt. Praga bot den Anbhck einer ungeheuren Brandstätte 3). ‘) Derselbe trat später in russische Dienste und wurde 1815 mit der Leitung des Justizministeriums im „Königreich Polen” betraut. 2) Die Besatzung Pragas bestand aus 7800 Mann von der polnisch- lithauischen Armee, 3200 Warschauer und 1800 Pragaer Bürgern nebst 104 Kanonen. In Warschau selbst standen 15.000 Mann, zur Hälfte reguläre Truppen. (Treskow 316.) *) Man hat Suworow diese allerdings furchtbare Schlächterei zum Vorwurf gemacht. Seine Antwort lautete: „Wenn ich in zehn Schlachten jedesmal 2000 Mann getötet hätte, wäre kaum die Bede davon gewesen und die Greuel des Krieges hätten 2 bis 3 Jahre gedauert. Ich habe es mit einem Male beendet. Die Zahl der Toten ist geringer als bei der ersten Annahme und die Mächte wie die Polen, selbst, werden zur Buhe und wohl auch zum Frieden kommen”. (Heyking, 430.)

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