Mitteilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs - Supplement. Geschichte der K. und K. Wehrmacht 4. (1905)
Die Artillerie - Geschicht der Organisation und Entwicklung der k. und k. Feld-Artillerie 1618-1903 - I. Das Feld-Artillerie-Corps (Haupt-Corps) 1618-1772 - A. Organisation und Entwicklung
23 Letztere machte die grössten Schwierigkeiten. Den Bemühungen des nun wieder zum Ober-Commissär ernannten Hauptmannes Fuchs gelang es nicht, die geforderte Zahl von Pferden aufzutreiben. Deshalb musste Mansfeld von der Artillerie in Schlesien solche beistellen, während Gallas dieselben von den böhmischen Ständen statt der Contribution forderte. Aber auch die Reiter-Regimenter wurden herangezogen — so gab beispielsweise Corpes von jeder Compagnie ein Paar Pferde zur Bespannung1). Den Mangel an Munition ersetzte man durch Neuerzeugung und Heranziehung aus den Zeughäusern. An Artillerien bestanden nun jene hei der Haupt-Armee mit den Ohristen Khizzi und Insel, jene hei der Armee Colloredo s unter dem FZM. Caretto, dann jene Mansfelds und die unter FZM. Reinach in den Vorlanden. In Contact mit dem Feinde traten nur die der Haupt-Armee bei Nörd- lingen, wo sie 116 leichte und 34 schwere Geschütze zählte (4 ganze, 16 halbe Karthaunen, 10 Feldschlangen, 4 Mörser) und 300 Pulver- und Kugelwagen mitführte, dann jene Colloredos welche aus 5 halben Karthaunen, 2 Noth- schlangen, 2 Quartierschlangen, 8 Falkaunen und 12 Regiments-Stücken, 1 achtzigpfündigen Mörser, 51 Munitions- und Kugelwagen bestand und in dem Treffen bei Liegnitz 3 halbe Karthaunen, 4 Falkaunen, 6 Regiments-Stücke und den Mörser, ferner 40 Munitions- und Kugelwagen verlor* 2). Bedeutenden Zuwachs an Geschütz und Munition erhielt die kaiserliche Armee nach der Schlacht von Nördlingen durch die Eroberung der festen Plätze zumal in Württemberg. Das so gewonnene Artillerie-Material wurde mit zwei Drittel in kaiserliches, mit einem Drittel in bayerisches Eigenthum überstellt3). 1635. Bis nun war es Sitte gewesen, dort, wo die Aufstellung einer Armee oder eines Corps es bedingte, auch für die Neuaufstellung einer eigenen Artillerie zu sorgen. Dadurch geschah es, dass mit der localen Ausbreitung der Operationen mehrere voneinander unabhängige Artillerien im Felde standen. So in diesem Jahre die Artillerie der Haupt-Armee, welche Obrist Khizzi befehligte, dann jene beim Corps Caretto, welche Obrist von Fendern commandierte, jene bei General-Wachtmeister Beck, deren Commandant der Stückhauptmann Simon Frei war, abgesehen von der Artillerie des FZM. Reinach, die gleichfalls einem Stückhauptmann untergeordnet war, dann jener bei Colloredo und hei Mansfeld in Schlesien. Als Feldzeugmeister fungierten zu Beginn des Jahres Morzin, Caretto, Hatzfeld, Reinach, Sparr, Toscana4). Ihre Bedürfnisse bezog jede Artillerie, soweit sie nicht durch etwaige Eroberungen gedeckt waren, hauptsächlich aus den Erblanden. Hiedurch wurden einerseits Zeughäuser und Privatuntemehmungen mit Aufträgen von verschiedener Seite betraut und in Folge dessen mit solchen überhäuft, andererseits geschah es, dass die eine Artillerie mit Vorräthen reichlich versehen war, während die andere daran empfindlichen Mangel litt. Ebenso entstanden Differenzen hei der Werbung von Personal und Pferden. Es war daher ein höchst zeitgemässer Schritt, den der Kaiser zu Ende dieses Jahres unternahm, als er befahl, dass nur mehr eine Haupt-Artillerie aufgestellt werden solle, von welcher alle anderen Artillei'ien mit Personal und Material zu versehen seien, von welcher sie sohin zu dependieren hätten.' Damit trat eine Concentration der Artillerie ein, welche eine gewisse Gleichmässigkeit in der Tüchtigkeit, dem Stande und der Ausrüstung garantierte. Damit erscheint aber auch die Artillerie als ein für sich bestehendes einheitliches Corps aufgefasst. Dieser Concentration gesellte sich eine solche der Vorräthe, indem alles entbehrliche Material in das Wiener Haupt-Zeughaus geschafft und bestimmt wurde, dass dieses nun nicht nur die ungarischen Grenzen, sondern auch alle anderen Länder mit Artillerie- bedürfnissen versehen, respective ihnen mit solchen aushelfen solle5). Nebstbei ei-sclieint aber auch die Vereinheitlichung der Geschütz-Arten angebahnt. Hatten die Artillerien zu ihrer Verstärkung bis nun aus den eroberten *) K. A.. F. A. 1634, II, 86. III, 16/1. *) K. A., F. A. 1634, XI, 41 b. 3) K. A., F. A. 1635, III, 25. ‘) K. A., F. A. 1635, VII, 179. K. A., F. A. 1635, VIII, 146.