Mitteilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 3. (Dritte Folge, 1904)

Major Semek: Die Artillerie im Jahre 1809

Von den drei Waffengattungen, welche das Schlachtfeld beherrschen, liegt uns, in ihrer Entstehung und Entwicklung, keine so nahe als die Artillerie. Wissenschaft und unermüdliches Forschen hat ihr Werk­zeug geschaffen und zu immer höherer Vervollkommnung geführt — aber was sie zu einem der wichtigsten Faktoren der Schlachten gemacht, verdankt sie, neben der Vorzüglich­keit der Waffe, in hohem Grade auch der soldatischen Tüchtigkeit ihrer Vertreter, dem großen moralischen Gehalte, der Ausdauer, Kühnheit und Entschlossenheit, welche die­selben immer und unter den schwierigsten Verhältnissen be­wiesen. Dem Bürgerstande entsprossen und in ihm wurzelnd, von den Hohen der Erde gepflegt und gefördert, hat die Artillerie stets jene altbürgerlichen Tugenden zu wahren ge­wußt, die sie heute noch charakterisieren: die Kraft und Energie des Strebens nach Erkenntnis, nach Fortschritt und Vervollkommnung, neben einer gewissen Zähigkeit, Beharr­lichkeit und — oft z u starres Festhalten am Althergebrachten. Diese letztere Eigenschaft war, unterstützt durch die Schwerfälligkeit des Materiales, die hohen Kosten der Aus­rüstung und teilweise auch durch das geringe Verständnis, welches einzelne Heerführer der Bedeutung und Verwendung der Waffe entgegenbrachten, schuld an der zögernden Ent­wicklung derselben, die wiederholt durch lange Zeiträume vollständig gelähmt erschien. Zur Steuer der Wahrheit sei aber betont, daß auch zur Zeit solch scheinbarer Stillstände, die Artillerie stets eine intensive Tätigkeit nach innen entfaltete, welche die Ver­besserung und Vervollkommnung der Waffe erstrebte.

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