Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs - Supplement. Geschichte K. und K. Wehrmacht 5. (1903)
Sicherheits-Truppen - II. Das Militär-Polizei-Wach-Corps
Dem Militär-Polizei-Wach-Corps oblag die Handhabung des Sicherheitsdienstes und die Aufrechthaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung innerhalb des Rayons der geschlossenen, grösseren Städte. Die Polizei hatte beständig zu wachen, daher das Aerarium und jede Person im Besitze ihres Eigenthums zu beschützen, auf Ordnung, Ruhe und Reinlichkeit jederzeit zu sehen, und besonders auf schlechte und verdächtige Leute, herrenloses und müssiges Gesindel und Landstreicher alle mögliche Aufmerksamkeit zu verwenden, um dieselben, wenn sie Verdacht erweckten, oder bei gesetzwidrigem Benehmen, den Gerichten zu überliefern. Schon von alterszeiten bestanden hiezu in den einzelnen Orten städtische Organe und sonstige Sicherheitswachen unter verschiedenen Benennungen. So wurde dieser Dienst in Wien im Mittelalter durch die Bürger und Handwerker versehen, doch beschränkte er sich hauptsächlich auf die Bewachung der Stadt-Thore. Als gegen Ende des 16. Jahrhunderts das dem obersten Stadt-Hauptmann (Stadt-Obristen) unterstellte „Stadtguardia-Regiment” angeworben wurde, übernahm dieses diesen Dienst und wurde derselbe auch auf den Sicherheitsdienst in den Vorstädten ausgedehnt. Da dieses Regiment, insbesondere zur Zeit des 30jährigen Krieges, wiederholt zu Kriegsdiensten herangezogen wurde1), wodurch anderseits die Disciplin in demselben eine etwas lockere wurde, die Mannschaft sohin für den Sicherheitsdienst sich nicht mehr vollkommen eignete, wurde — circa 1650 — für diesen Dienst die „Rumor-Wache” errichtet1 2), welche dem Stadtrathe unterstand3). Im Jahre 1773 begannen Verhandlungen mit der niederösterreichischen Regierung und den dabei interessierten Behörden wegen einer gänzlichen Reorganisierung des Sicherheitsdienstes und mit Ende 1775 trat die neue „Polizei-Wache” in Wirksamkeit4). Dieselbe wurde zum Theile aus noch diensttauglichen und vermöge ihrer Conduite hiezu geeigneten Leuten der gleichzeitig aufzulösenden Rumor-, sowie der Tag- und Nachtwache formiert; die Ergänzung auf den anfänglich systemisierten Stand von 250 Mann, sowie jede weitere Deckung der Abgänge hatte in Hinkunft durch Zutransferierung von Halb-Invaliden der Regimenter zu erfolgen, vrelche bei diesen völlig in Abgang zu bringen waren. Diese Leute sollten, wo möglich, unverheiratet, wenigstens zum Theil des Lesens und Schreibens kundig sein, von riegelsamem Alter (ohne Bestimmung der Jahre!, aber noch imstande sein, auf die Wache zu ziehen, Patrouillen zu verrichten und zu Fuss zu marschieren, endlich mit Bezug auf Conduite „nicht ganz ungesittet sein”5). 1) Siehe II. Band, Seite 56t. 2) Weiss, „Geschichte der Stadt Wien”, II. Band, Seite 239. 3) Als eine Verstärkung derselben, hauptsächlich zur Ueberwachung der Märkte, bestand noch die von der Gemeinde erhaltene ,,Tag- und Nachtwache”. Sie hatte die Stunden auszurufen, Meldung von ausgebrochenen Feuersbrünsten zu erstatten u. s. w. 4) Sollte ursprünglich „Stadt-Fahne” benannt werden. 5) Die Verhandlungen mit dem Hofkriegsrathe wegen Abgabe solcher Leute hatten sich in die Länge gezogen, da die niederösterreichische Regierung anfänglich zu hohe An43*