Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 2. (Dritte Folge, 1903)

Hauptmann Criste: Die österreichische Truppen-Aufstellun gegen Preussen und Polen, 1790

Die österreichische Truppen-Aufstellung 1790. 53 Moldau ganz offen, wodurch der Rücken Coburg’s ganz ent- blösst und dem Feinde nicht nur freigestellt wurde, Galizien zu verheeren, sondern auch Einfälle nach Ungarn zu unter­nehmen „oder sich mit übelgesinnten Ungarn, deren es leicht noch geben dürfte, zu vereinigen, wie er will”. Unter diesen Verhältnissen konnte nur ausgiebige russische Mithilfe bei dem bevorstehenden Feldzuge günstigere Chancen schaffen. Ein Vergleich der preussischen Kriegsmacht mit der österreichischen allein erwies die Mothwendigkeit einer solchen Hilfe. Die preussische Armee war, wie der Feldmarschall schrieb, „bekanntermassen so zu sagen bis auf einen Mann vollzählig”, mithin nicht geringer als 110.000 Mann Infanterie und 36.000 Reiter. Die österreichische Macht bestand gegenwärtig, ein­schliesslich des Corps in Galizien, aus 112 Bataillonen und 71 Divisionen Cavallerie, also höchstens 80.000 Mann Infanterie und 21.000 Reiter, denn bei der Schwäche der aus Ungarn gekommenen Regimenter konnte ein Bataillon nur mit ungefähr 700 Mann, eine Division Cavallerie mit 300 Pferden gerechnet werden, so dass zwischen den beiderseitigen Armeen ein Unterschied von 30.000 Mann Infanterie und 15.000 Reitern sich ergab. Bei einem Feinde wie Preussen aber, sagte der Feld­marschall, müsse man wohl auf gleiche Truppenzahl rechnen, besonders „da man mit Bataillons, die noch dazu halb aus Rekruten bestehen, gegen ihn aufzutreten bemüssiget ist”. Kämen nun zu den Preussen noch die Polen „die, wenn auch ihre Infanterie unbedeutend, doch gewiss an Cavallerie sehr zahlreich und in der Eigenschaft gar nicht verächtlich sein wird”, die, wenn sie nicht durch Russland im eigenen Land festgehalten werden, ganz oder zum Theil frei operieren können, „so würde es wohl nur als der Entschluss einer äussersten Verlegenheit und einer gar übertriebenen Hoffnung auf blindes Glück betrachtet werden können, wenn man zu widerstehen sich getrauen, nicht Alles zu verlieren besorgen und nicht, um allzugrossem Unglück zu entgehen, lieber der Erhaltung des Friedens ein Opfer zu bringen, vorziehen sollte”. Kur ein russisches, an der polnischen Grenze auf dem rechten Dnjepr-Ufer bei Kiew oder Mohilew rasch versammeltes Corps, das gleich bei Beginn des Krieges in Wolhynien ein­

Next

/
Thumbnails
Contents