Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 2. (Dritte Folge, 1903)
Hauptmann Criste: Die österreichische Truppen-Aufstellun gegen Preussen und Polen, 1790
Die österreichische Truppen-Aufstellung 1790. dachte in Preussen freilich niemand. Man wäre zwar, wie erwähnt, bereit gewesen, den Polen Galizien zu verschaffen, aber nur gegen eine Entschädigung durch Abtretung von Gross-Polen oder zum mindesten von Danzig und Thorn. Man trachtete deshalb nur eifrig, die Republik möglichst zu isolieren, ihre Beziehungen zu den beiden Kaiserhöfen zu stören, förderte die Umtriebe der Polen in Galizien, ermunterte sie, Russland die Stirne zu bieten und versicherte, jederzeit bereit zu sein, sie mit dem preussischen Heere zu unterstützen. Die Eröffnungen des Pürsten Czartoryski, dass Polen beabsichtige, sich Galiziens zu bemächtigen, fanden in Berlin im allgemeinen volle Billigung, und der preussisehe Gesandte in Warschau, Marquis Luchesini, säumte nicht, von der thätigen Mithilfe Preussens zu sprechen, ohne auch nur das Geringste über etwaige Zugeständnisse Polens hiefür verlauten zu lassen. König Stanislaus August verhielt sich diesen Mittheilungen gegenüber ziemlich zurückhaltend. ,,Es sind Yerheissungen,” sagte er, „für die wir mit Danzig und Thorn zu bezahlen haben werden”, und als sogar galizische Abgesandte in Warschau erschienen, um mit Luchesini zu verhandeln, stellte er ihn deshalb förmlich zur Rede. „Ich höre,” sagte er ihm, ,,dass Sie unsere Jugend aufregen und aufhetzen durch wiederholte Yerheissung, Galizien wiederzuerobern; Sie wissen doch selbst, dass ein derartiges Unternehmen neues Unglück über Polen bringen kann.” Aber weder Luchesini, noch der Reichstags-Marschall Malachowski Hessen sich durch diese Warnungen in ihrer Thätigkeit hindern, und zu Beginn des Jahres 1790 bildeten sie in AYarsckau ein geheimes Comité für galizische Angelegenheiten, dessen Leiter Luchesini war. Der Einfluss dieses Comités, von dem weder der König noch der Reichstag etwas wussten, machte sich bald fühlbar. Im Reichstage wurden Anträge gestellt, neue Gesetze beschlossen, in der Kriegs-Commission wurden Resolutionen gefasst, bestimmte Massregeln über Cantonierung, Bewaffnung und Ausrüstung getroffen, ohne den Zweck derselben erkennen zu lassen. Das Comité beschloss, dass Galizien zu den Waffen greifen sollte, in dem Augenblick, da Oesterreich und Preussen sich feindselig gegenüberstehen würden. Um den Aufstand zu erleichtern, sollte