Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs - Supplement. Geschichte K. und K. Wehrmacht 1. (1898)
Die Fuss-Truppen - I. Infanterie - Die Chargen und ihre Obliegenheiten
— 100 — angewoi'ben werden. Der Becrut sollte nicht unter 18 und nicht viel über 30 Jahre alt sein, „weil der Erstere zum Exercieren zu schwach und der Letztere zu steif und ungeschickt ist”. (Minimal-Körpermass 5 Schuh 3 Zoll [165 cm.].) Bezüglich sonst etwa vorhandener kleiner körperlicher Defecte sollte nicht zu rigoros vorgegangen werden. Im Jahre 1765 *) wurde die Art der Werbung im Bömisch-Deutschen Beiche, „die Reichs-Werbung”, geregelt und, während bisher nur 15 Begi- menter Werbe-Bayons dortselbst hatten, jedem der 39 deutschen Regimenter* l 2 3 4 5) ein solcher zugewiesen. Es wurden dadurch die einzelnen Werbe-Bayons kleiner und hiemit einem Haupt-Uebelstande des früheren Systems abgeholfen. Zur Leitung der ganzen Angelegenheiten der Beichs-Werbung wurde ein General als „Beichs-Werbungs-Director” mit dem Amtssitze in Frankfurt a. M. bestellt3). Jeder der einzelnen Kreise war mit Bücksicht auf seine Bevölkerungs- ziffer in eine Anzahl Werbe-Bezirke getheilt und danach eine Anzahl von Begimentern mit der Werbung an erstere (die Kreise) gewiesen4). Beichsfürsten, welche zugleich Inhaber von kaiserlich-königlichen Begimentern waren, wurden aufgefordert, die Werbung nach Kräften zu unterstützen und erhielten solche Begimenter, ausser dem ihnen in einem der Kreise angewiesenen Bayon, noch einen zweiten solchen auf dem Gebiete des betreffenden Inhabers5). Innerhalb eines jeden Kreises waren die den Begimentern anzuweisenden Bayons so anzuordnen, dass jedes Begiment für sich einen abgesonderten erhielt, ohne dass einer durch den anderen durchschnitten würde. Für jedes Begiment waren einige Orte als „Werbe-Stationen”, dann für jeden Kreis zwei bis drei „Sammel-Station en” bestimmt, welch’ letztere, um unnöthige Hin- und Hermärsche zu vermeiden, so zu wählen waren, dass sie mit Bücksicht auf die verschiedenen Werbe-Orte näher zu den Grenzen der kaiserlichen Erblande gelegen waren, als letztere. Von jedem Begimente wurde ein „Werbe - C o mm an do”, bestehend aus 1 Hauptmann, 2 Offleieren, 12 Unterofflcieren, 12 Gefreiten, 1 Feldscher und 1 Fourier beigestellt. Ausser diesen Werbe-Commanden wurden noch für den Transport der Becruten von den Sammelplätzen bis an die Grenzen der Erblande eigene „Transport-Commanden” beigestellt. Hiezu waren auf jeden der in einem Kreise vorhandenen Sammelplätze, von allen in diesen Kreis mit der Werbung gewiesenen Begimentern zusammen, 1 Hauptmann, 2 Offleiere, 1 Feldwebel, 1 Feldscher, 1 Fourier und 1 Spielmann, ferner von jedem Begimente 1 Corporal, 1 Gefreiter und 4 Gemeine zu commandieren. Diese Commanden hatten nicht nur die im eigenen Kreise angeworbenen Becruten, sondern auch solche von weiter entlegenen Kreisen zu übernehmen V Allerhöchste Entschliessung vom 4. Juni 1765. (K. A., H. K. It. 17(35, Juni 129.) l) Unter diesen verstand man jene, welche sich durch Werbung in den österreichischen Erblanden (Böhmen. Mähren, Schlesien, Ober- und Nieder-Oesterreich, dann Inner-Oesterreich und Vorder-Oesterreich) ergänzten. Ausser diesen erhielten noch das Tyroler Land- und Feld-Regiment und das Regiment Plunquet (heute Erzherzog Eugen Nr. 41), welch’ letzteres sich seit seiner Errichtung durch den Markgrafen von Bayreuth vornehmlich durch Becruten aus Vorder-Oesterreich completierte, Werbe-Bayons im Reiche zugewiesen. 3) Als Erster in dieser Charge fungierte G-eneral-Major (später Feldmarschall- Lieutenant) Joseph Freiherr von Ried. 4) Welche Regimenter an die einzelnen Kreise gewiesen waren, ist aus Beilage VI ersichtlich. 5) Es waren dies die Regimenter Bayreuth (Freiherr von Beck Nr. 47), Deutschmeister (Nr. 4), Baden-Durlach (König der Belgier Nr. 27) und Baden-Baden (1809 als Nr. 23 aufgelöst) ; ausserdem erhielt noch das Regiment Königsegg (Warasdiner Regiment Freiherr von Giesl Nr. 16) nebst einem Rayon in Schwaben, einen solchen im Münster’schen, da der Bischof von Münster, zugleich Churfurst von Cöln, ein Bruder des Inhabers war. Die Reichs-Werbung.