Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 10. (Neue Folge, 1898)

Custine's Einbruch in Deutschland - Erstürmung Frankfurts durch die Hessen

wusste, ob er die Stadt bei einem feindlichen Angriffe zu räumen oder zu vertheidigen haben werde, dann weil die Frankfurter Bürgerschaft es kaum zugelassen hätte, dass die verhasste franzö­sische Besatzung Ausbesserungsarbeiten an den etwas verfallenen Befestigungswerken vornähme. Diese bestanden aus einem, mit 15 „Bollwerken“ x) versehenen Hauptwall mit vorliegendem Haupt­graben und Ravelins ohne Vorgraben vor den sieben Hauptthoren. Die äussere Graben wand war aber an mehreren Stellen kaum 180 cot tief, die Grabensohle mehrorts trocken; der Hauptwall meist kaum meterhoch, stellenweise zerfallen, der gedeckte Weg — als solcher fast nicht mehr zu erkennen — von Häusern und Bäumen, das Glacis mit Bauten und Gärten bedeckt. General Van Helden, „ein unterrichteter Militär, aber kopflos“, fühlte seine gefährliche Lage. Wiederholt hatte er Custine die Schwäche des Platzes und die Ohnmacht der Garnison gegenüber den feindlich gesinnten, energischen Einwohnern geschildert und um Verstärkung gebeten, insbesondere um Geschütze; Custine antwortete ihm, er habe mit zwei Kanonen genug, „um Patrouillen zu vertreiben“. Wohl standen auf dem Walle auch Frankfurter Geschütze, allein für diese fehlten Bedienung und Munition. Am Morgen des 29. November wollte Van Helden sich durch eine Abtheilung französischer Linien truppen der Vorräthe des Zeug­hauses mit Gewalt bemächtigen; die Frankfurter verwehrten ea aber und vertrieben dieFranzosen. wobei einige französische Officiere misshandelt wurden. Van Helden musste dies ungeahndet lassen, wenn er nicht einen allgemeinen Aufstand hervorrufen wollte.2) Für die Vertheidigung traf Van Helden folgende Disposition: auf dem linken Mainufer sollten 200 Mann Sachsenhausen, weitere 8Ü Mann insbesonders die Mainbrücke vertheidigen; jedes Thor furter Capitalisten kriechen vor Gewaltmassregeln im Staube; wohlan! man muss ihnen diese Gewalt zeigen, um sie kriechen zu machen!“ Und gleich darauf kam er nach Frankfurt (am 29. November) um sich mit seinem „Lieutenant“ (Van Helden) zu berathen, und schwur dem Magistrat, dass er Frankfurt keiner Belagerung aus­setzen, die Stadt nicht einen einzigen Kanonenschuss erhalten würde, sie auch nicht die geringste Gefahr liefe; natürlich beeilte sieh der Magistrat, diese be­ruhigenden Erklärungen Custine’s öffentlich kundzuthun. Chuquet, VI, 187. Tableau historique, II, 179. O Bastionen. 2) Chuquet, VI, 188, 189, 190.

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