Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 10. (Neue Folge, 1898)
Custine's Einbruch in Deutschland - Besetzung von Frankfurt durch die Franzosen. Oberst Houchard's Streifzüge. Custine's weitere Unternehmungen und Pläne
Oesterreich im Kriege gegen die französische Revolution 1792. 51 sie sehnten sich weder nach den von Custine versprochenen Segnungen der neuen französischen Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, noch nach einer Neuordnung der Gesellschaft und des Besitzes. In Frankfurt gab es keine Armen. Alle Einwohner steuerten zur Tilgung der Brandschatzungssumme zusammen und schon am 23. October morgens konnte der Magistrat 300.000 Livers dem General Neuvinger übergeben. Trotzdem alle Frankfurter wie ein Mann den Lockungen Custine’s widerstanden, wagte dieser doch an den Convent zu berichten, sie hätten bei seiner Anwesenheit (am 27. October) begeistert gerufen: „Wir wollen frei sein und Franzosen!“1) Den überschwänglichen Aufrufen Custine’s an die Frankfurter antworteten bald deren Erwiderungen : ..Die Bürger von Frankfurt an den fränkischen Bürger und General, Herrn Custine“ am 5. November und „Zuruf eines deutschen Bürgers an den Führer der Franzosen“2) worin bestimmt und fest erklärt wurde: die Frankfurter seien mit ihrer Verfassung, ihrer Besitzvertheilung sehr zufrieden ; Custine möge sie in Ruhe lassen und ihnen insbesonders nicht durch seine Brandschatzungen so merkwürdige Begriffe von „Gleichheit und Brüderlichkeit“ beizubringen versuchen. „Sucht Ihre Nation denn Geld, und nicht Freunde? Will sie gegen Ihre eigenen, lo laut gerühmten Grundsätze handeln ? Gegen die Gerechtigkeit und Menschlichkeit, die sie auf ihrem Bannerträgt?“3) Custine machte bald ein neues Anbot: er wollte weitere 500.000 Gulden nachlassen, wenn der Frankfurter Magistrat ihm die schweren Geschütze sammt Munition aus dem Frankfurter Zeughause „vorleihen“ würde, um damit die Stadt ver- theidigen zu können. Der Magistrat lehnte ab, da er sich sonst einer Neutralitätsverletzung schuldig machen würde. Nun kam, am 27. October, Custine persönlich nach Frankfurt4) und forderte von Neuem die vollen zwei Millionen Gulden 5) 0 Chuquet, VI., 116, — Moniteur, S. 1314. 2) Chuquet, VI., 116. 3/ Am 31. October ging Custine wieder nach Mainz zurück; er liess in Frankfurt 4 Bataillone, 25 Kanonen, den Best der Truppen in Bergen und Vilbel zum Schutze Houchard’s, der mit einem Detachement an der Lahn streifte. Tableau historique, II., 166. 4) Moniteur, S. 134. 5) Chuquet, VI., 118. 4*