Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 10. (Neue Folge, 1898)
Custine's Einbruch in Deutschland - Mainz
Oesterreich im Kriege gegen die französische Eevolntion 1792. 43 „beunruhigt“, nach anfänglichem Zurückgehen besetzten und behaupteten sie aber ihre Plätze. Die Artillerie Custine’s eröffnete zeitlich Morgens das Feuer auf die Stadt1), „ohne einen besonderen Schaden anzurichten“. Auch die „Erwiderung des Feuers aus der Stadt war von keinem besonderem Belange.“ Das Feuer wurde bald eingestellt. „Immerhin verursachte der Anfang der Feindseligkeiten einen grossen Schrecken bei der Bürgerschaft und entmuthigte jenen Theil der zusammengewürfelten Garnison, welcher noch keinen Feind gesehen hatte. „Noch unter dem Eindrücke der Ereignisse der verflossenen Nacht2) empfieng Gouverneur von Gymnich zur Mittagsstunde“ des 19. General Houchard, den Ueberbringer der Aufforderung Custine’s zur Uebergabe der Festung. General Houchard war von Custine mit besonderer Absicht als Bote erwählt. Seine mächtige Gestalt, sein finsteres, abstossendes von breiten Narben durchzogenes Antlitz personificierten gewisser- massen die Drohungen, welche die von ihm überbrachte Ueber- gabs-Aufforderung enthielt.3) Diesen Drohungen trachtete Custine durch die Mittags wieder eröffnete, übrigens völlig wirkungslose Kanonade Nachdruck zu verleihen. Die Mainzer Geschütze erwiderten eitrigst, aber gleichfalls ohne jeden Erfolg. General Gymnich lehnte die Aufforderung mündlich ab und versprach, dem General Custine am nächsten Tage eine schriftliche Erklärung zusenden zu wollen. J) Nach Custine’s Bericht wurden österreichischen Husaren-Patrouillen mehrere Kanonenkugeln nachgeschickt, das Feuer auf seinen Befehl aber alsbald eingestellt. Moniteur, S. 1273. 2) Bockenheimer, 21. 3) Custine war, Dank der vollkommen genauen und verlässlichen, ihm von Deutschen zugetragenen Nachrichten über die Mainzer Verhältnisse zu solch theatralischem Auftreten fast berechtigt; wenigstens beweist das Gelingen der Unternehmung die Zweckmässigkeit seiner Massnahmen. Dass die Mainzer ihm dies Gelingen gar so leicht machen würden, dürfte er selbst wohl kaum gehofft haben, obwohl er mit grosser Siegeszuversicht von Edesheim auszog. „ Durch eine regelmässige Belagerung werde ich Mainz wohl nicht einnehmen können“, .schrieb er am 16. vor dem Abmarsche an den Kriegsminister; „ich habe nur Hoffnung an eine käufliche oder furchtsame Seele: ist sie käuflich, so kaufe ich sie; ist sie furchtsam, so packe ich sie.“ Chuquet, VI, 91. Moniteur, S. 1265.