Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 10. (Neue Folge, 1898)

Allgemeine Eroberungsplan Dumouriez' - Würdigung der strategischen Lage der Oesterreicher nach dem Abzuge der Preussen

Oesterreich im Kriege gegen die französische Revolution 1792. 119 Auf der ganzen weiten französisch - niederländischen Grenz­strecke von Ostende bis Trier hatten die Oesterreiclicr ausser Luxemburg keine Festung, auf die sie sich bei der Vertheidigung des Besitzes ihrer Niederlande stützen konnten. Namur, Antwerpen und die anderen ,,befestigten“ Orte besassen nur Castelle oder Schlösser, deren Widerstandsdauer höchstens nach Tagen zu zählen war. Mons, Tournay, Courtrai, Ypres, Furnes zur ausgiebigen Vertheidigung herzurichten, hätte viel Arbeit, Materiale, Zeit und — Geld erfordert. Die Mittel zur Abhilfe für diese unabweisbar dringenden Noth Wendigkeiten mangelten aber. Ueberdies bereiteten die belgischen Landesbewohner den Oesterreichern Schwierigkeiten durch Verweigerung der Beistellung von Arbeitskraft, Verpflegs- mitteln, Material und Bespannungen. Eine rechtzeitige Verstärkung des Corps Herzog Albert durch Nachschub an Mann, Pferd. Materiale aus den österreichischen Erblanden war ganz aus­geschlossen und nicht einmal Geld kam von Wien. Der unruhige Geist der Niederländer war durch den Zauber der „neufränkischen“ Freiheitsbegeisterung stark entflammt. Aus Brügge, Antwerpen und anderen Städten kamen dem Herzog Albert Bitten der österreichischen Behörden um Verstärkung der Garnisonen zu; die Sympathie der Niederländer, insbesondere jene der Städtebewohner, für die „Neufranken“ und deren neue Ein­richtungen wuchs rasch und wurde zu einer neuen und noch grösseren Gefahr für die österreichischen Truppen, vornehmlich für die aus den Niederlanden ausgehobenen Regimenter. Ein festgefügtes Unterordnungverhältnis der Corps Hohenlohe- Kirchberg und Clerfayt zum Herzog von Sachsen-Teschen würde die einheitliche Leitung und Verwendung der gesammten, in den Niederlanden gestandenen österreichischen Streitkräfte sehr gefördert haben, zumal im Fürsten Hohenlohe ebenso wie im Grafen Clerfayt das Bestreben vorherrschte, den Absichten und Wünschen des Herzogs von Sachsen-Teschen gerecht zu werden. Ge<ren diese in den Niederlanden stehenden österreichischen Truppen zogen nun Dumouriez’ Colonnen heran. In ihrer Gesammt- zahl den österreichischen mehrfach überlegen; einen, wohl fast kampflosen, zum mindesten durch keinen Entscheidungskampf entschiedenen, aber dennoch glücklich abgeschlossenen Feldzug hinter sich; wenngleich nicht kampferfahren, so doch marsch-

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