Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 9. (Neue Folge, 1895)

Oberlieutenant Andreas Kienast: König Friedrich II. von Preussen und die Ungarn bis zum Hubertsburger Frieden 1762 - Friedrich II. Orientpolitik und Ungarn

König Friedrich II. von l’reussen und die Ungarn. 307 überall sonst, auch in Russland, hoffte und versuchte Friedrich II., Freundschaft wenigstens zu erkaufen, wenn schon nicht durch Interessengemeinschaft zu erringen. In Oesterreich wusste er solche Bemühungen vergebens. Hier vergass man ihm nicht die wider­rechtliche Wegnahme Schlesiens, man sah in ihm ebenso den Rivalen um die Führung in Deutschland und es bestand in Wien seiner bis­herigen Haltung wegen eine persönliche Gegnerschaft gegen ihn. Oesterreich und ganz besonders Ungarn boten aber auch geogra­phisch und militärisch der Pforte ein viel günstigeres Angriffs­object. Der König selbst durfte sich niemals mit einer Haupt-Armee über die Karpathen wagen, wenn es noch eine österreichische Armee in den österreichisch-böhmischen Ländern gab, wenn die Kaiserin hilfsbereite Freunde im Reiche hatte und wenn er nicht absolut sicher auf Russlands Ruhe rechnen konnte. Bei einem unglücklichen Türkenkriege war überdies auch eine Revolution in Ungarn zu erwarten. Liess sich nebst diesen End­zielen eine Förderung des preussischen Handels nach der Levante erreichen, umso besser! Von solchen Gesichtspuncten geleitet, hatte König Friedrich, wie 1749 anscheinend französischer Anregung folgend, im Januar 1755 einen eigenen Vertreter nach Constantinopel gesandt, unter Anwendung ganz besonders ausgeklügelter Vorsichtsmassregeln zur Wahrung des Geheimnisses. Carl Adolf von Rex in durfte nicht von Berlin aus sich auf die Reise über Polen machen, son­dern erhielt seine Weisungen und Geldmittel erst unweit der polnischen Grenze in Züllichau. Er hatte seinen Namen Gottfried Fabian Haude ablegen und vorgeben müssen, sich in Polen nach guten Pferden zum Ankauf umzusehen, ein Vorwand, den bereits Friedrich Wilhelm I. im Jahre 1720 angewendet hatte.1) Nebst l) Ueber die Sendungen Rexin's, siehe ausser Z in keisen auch die auf der „Politischen Correspondenz“ fussende Studie von Dop sch, „Zur Orientpolitik Friedrich’s d. Gr. vor Beginn und beim Ausbruch des siebenjährigen Krieges“ (Jahresbericht 1890 des akademischen Vereines deutscher Historiker in Wien). Haude-Rexin, ein Schlesier von Geburt, der früher bei dem in Pera ansässigen Breslauer Handelshause Hübsch conditioniert und dann in österreichischen Diensten (als Fähnrich im Regimenté Birkenfeld) gestanden hatte, wurde dem König Friedrich für diese Sendung als besonders geeignet empfohlen. Er gieng am 25. Januar 1755 von Berlin ab. Laut eines Vortrages vom 31. Mai 1755 an die Kaiserin (St. A.) wusste man in Wien um diese Zeit bereits von der Anwesenheit eines preussischen 20*

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