Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 9. (Neue Folge, 1895)

Oberlieutenant Andreas Kienast: König Friedrich II. von Preussen und die Ungarn bis zum Hubertsburger Frieden 1762 - Friedrich II. Orientpolitik und Ungarn

302 K i e n a s t. die preussisch-türkischen Beziehungen einzugehen. Es zeigt sich dabei, wie das auf der einen Seite so begehrlich umworbene Ungarn nicht nur dem Bürger-, sondern ohne weiteres auch dem Türkenkriege und der noch schrecklicheren Tataren-Invasion aus­gesetzt wurde. Auch in diesem Falle konnte der Preussenkönig auf den schon von seinem Vater gelegten Grundlagen weiterbauen. Im Anfänge seiner Regierung war Friedrich II. von seinem schlesischen Feldzuge zu sehr in Anspruch genommen, um ernstlich an die Türken zu denken; dieser erste Krieg war überhaupt diplomatisch nicht ausreichend vorbereitet, Carl VI. war zu unvermuthet gestorben. Dennoch behauptet die ältere Geschichts­schreibung einen Verkehr Preussens mit der Pforte auf Um- und Nebenwegen. Ein Agent Ghisen soll nach Jassy, ein General Seewald nach Kiew gegangen sein zur Vermittlung geheimen Briefwechsels. Der erstere soll bald gestorben sein. Seewald’s Sendung wird neuestens von preussiseher Seite bestritten. Jeden­falls hatte das preussische Interesse an dem schwedischen Gesandten am Goldenen Horn und an dem Renegaten Bonneval warme Freunde.1) Aus Angaben venetianischer Diplomaten erfährt man, dass König Friedrich II. im Sommer 1744 einen Griechen, dessen Name nicht genannt wird, unter dem Vorwände von Handels­geschäften nach Constantinöpel abgeschickt habe; dort habe der­selbe dem Reis-Effendi im Namen des Königs erklärt, Preussen besitze woh 1 begründete Rechte und Ansprüche auf Ungarn; da jedoch dem Könige bekannt sei, dass auch der Pforte dergleichen auf gewisse Theile jenes Landes zukämen, so schlage er ihr vor, dieselben gemeinschaftlich mit ihm gegen Maria Theresia zur Geltung zu bringen. Der Unterhändler habe den *) *) Zinkeisen, welcher (V, S. VIII) von dem Werke Hammer’s, Geschichte des osmanischen Reiches (10 Bände, Pest 1S27—34) sagt, dessen Nachrichten müssten mit Vorsicht benützt werden, beruft sich im vorliegenden Falle gerade auf Hammer, VIII, 45. — R. Kóser erklärt (in der Histor. Zeitschr. 57, 334if.), er habe im Dresdener Archive angebliche Briefe Friedrich’s an Seewald gesehen, welche er als Fälschungen erkannt habe. — Graf CI. Alex, von Bonneval, erst Freund und Waffengenosse des Prinzen Eugen, dann dessen Verläumder, flüchtete vor einem Kriegsgerichte 1729 nach der Türkei, wo er General der Artillerie ward. Er blieb bis zu seinem Tode (1747) ein fanatischer Feind Oesterreichs, in dessen Armee er es zum Feldzeugmeister gebracht hatte.

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