Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 9. (Neue Folge, 1895)

Oberstlieutenant Hausenblas: Oesterreich im Kriege gegen die französische Revolution 1792 (Fortsetzung) - Hauptmann Christen: Die Ereignisse bis zum Schlusse des Feldzuges - Herzog Alberts Unternehmung auf Lille

116 Christen. lasset, dass mit dem beillabenden Geschütz bei Vornehmung einer ordentlichen Belagerung der gewünschte Ausschlag erfolge, weilen sich unter diesem alten Geschütze noch mehr unbrauchbare Rohre und üherhaupt schlechte Laffettierung befinden und bei Fortsetzung des Bombardements sich ergeben dürften.“ Auch würde viele Munition consumiert werden, welche „der­malen nicht wieder zu ersetzen“ wäre.1) Dieser zusammengewürfelte Belagerungs-Artillerie-Park ent­hielt kaum 50 Stücke; er war zu einem materiell wirkungsvollen Bombardement kaum geeignet, zu einer förmlichen dauernden Be­lagerung ebenso ungenügend, wie die Zahl der Truppen, welche hiezu verwendet werden konnten. Die Aussicht auf das Gelingen musste also zumeist auf den moralischen Eindruck aufgebaut werden, welchen das Bombardement von Lille auf dessen Besatzung, insbesonders aber auf dessen Ein­wohner hervorbringen konnte; hiebei wurde wohl als höchst wichtig, ja vielleicht ausschlaggebend, auch auf die Loyalität und Königstreue des grösseren Theiles der Bevölkerung und auf die daraus resultierende Sympathie dieses Theiles zum Angreifer, dem Befreier vom grausamen Joch der Jacobiner, gerechnet. Die Thatsachen bewiesen bald, dass diese Rechnung eine falsche war. Wie wenig Erfolg sich Herzog Albert selbst von seiner Unternehmung auf Lille versprach,* 2) mit welcher hohen Selbst­verleugnung er an deren Ausführung schritt, dies beweisen folgende Stellen aus seinen Briefen an den Kaiser: „ . Ich muss gestehen, dass ich lächerlich erscheine, indem ich beabsichtige, mit 13.000 bis höchstens 14.000 Mann eine Festung ersten Ranges zu bombardieren, deren Belagerung mindestens eine Armee von 70.000—80.000 Mann erfordern würde.“ *) K. A.; F. A. 1792, IX, 205. 2) AVie besorgt man war, von den allerersten Anzeichen der Nachgiebigkeit der Liller ausgiebigsten Gebrauch zu machen, zeigt folgende Stelle eines Befehles des Herzogs Albert vor Lille: „Sobald, es sei auf denen Arorposten, in denen Tranchéen oder Batterien— während dem Bombardement jemand eine weisse Fahne in der Festung ausstecken sehete, oder Trompeten geblasen, oder Buf geschlagen — oder von dem Feinde jemand herausgeschickt würde, so ist hievon der Herr General von denen Tranchéen allsogleich zu avertieren, oder ihm die Meldung zu machen, damit das Bombardement allsogleich aufhöre.“ (K. A.; F. A. 1792, IX, 194.)

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