Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs 1. (Neue Folge, 1887)

Erinnerungen aus dem Leben des FM. Grafen Radetzky. Eine Selbstbiographie

Erinnerungen aus dem Leben des FM. Grafen Radetzky. 87 überging, welches sich bald in zwei Theile sonderte. Zur russischen Partei erklärten sich FML. Chasteler und Oberst Weyrother vom Quartiermeister-Stabe. Bei der österreichischen, unter Melas, blieb Oberst Zach. Zum General-Adjutanten wurde ich, eben zum Oberstlieutenant befördert, bestimmt; die Majore Graf Torres, Fürst Sulkowski und Prusch waren als Flügel-Adjutanten bei­gegeben. Die beiden Ersteren waren gerade, biedere, charaktervolle Männer, der letztere dagegen, von Ambition und Egoismus hin­gerissen, gehörte zur russischen Partei und missbilligte Alles, was von Melas ausging. Ungeachtet dieser Spaltungen bot Melas Alles auf, was zur Förderung des A. H. Dienstes nöthig war und be­folgte alle von Suworow erhaltenen Weisungen und Dispositionen. Chasteler, der nie in der Truppe gedient hatte, war gewohnt, Alles nach seiner weitumfassenden Ansicht zu berechnen, setzte sich über alle Vorsichtsmassrcgeln hinweg und wollte, Su- worow’s Ansicht folgend, nur schnell alle besetzten Städte durch die Armee wegnehmen lassen. Nachdem jedoch der Feind Mantua mit zehntausend Mann und das Castell von Brescia mit dreitausend Mann besetzt hielt, so kam man überein, dass FZM. Kray mit fünfundzwanzigtausend Mann Oesterreichern zur Cernirung und Belagerung von Mantua disponirt, die vereinte, alliirtc Armee jedoch über den Oglio der Adda zu in Bewegung gesetzt würde. Der Marsch ging ungehindert von Statten. Die schwachen feind­lichen Detachements setzten uns keinen Widerstand entgegen und zogen sich bei unserem Eintreffen nach Brescia in die Citadelle zurück. Alldort angelangt, fanden wir die Thore verschlossen und ein heftiges Feuer bezeugte den Widerstand. Als aber die Ge­schütze vorgeführt und die Höhen, welche das Castell bedrohend dominiren, besetzt wurden, übergab der feindliche Befehlshaber die Stadt und capitulirte gegen freien Abzug. Die Stadt wurde besetzt und eine Avantgarde auf der nach Mailand führenden Strasse vorgeschickt. Man nahm die Marsch-Direction gegen Bergamo und rückte in zwei Colonnen, die linke aus Oesterreiehern, die andere gemischt, jedoch vorherrschend ans Russen bestehend, vor. Melas mit seinem Hauptquartier war bei der ersteren, Suworow bei der letzteren Colonne. So gelangten wir, ohne vom Feinde beirrt zu werden, mit Melas bei Cassano an die Adda. Hier hielt eine schwache, feindliche Abtheilung die zum Sprengen vorbereitete

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