Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs 1. (Neue Folge, 1887)

Erinnerungen aus dem Leben des FM. Grafen Radetzky. Eine Selbstbiographie

»Hoffnungsvoll sah man in Bezug auf die Reorganisation der Armee den Beschlüssen der damals unter Vorsitz des FZM. All- vintzi Berathungen haltenden Hof-Commission entgegen. Ihr war Oberst Vincent, General-Adjutant des Kaisers, früher als Major Flügel­adjutant beim FM. Wurmser, beigegeben, ein Mann von Kopf und Willen. Er war von Nancy gebürtig und diente in subalternen Chargen bei dem niederländischen Dragoner-Regimente Latour, daher die verschiedenartigen Bestandtheile unserer Armee, deren Verfassung, Gebrechen und nöthigen Ab hülfen, sowie das Innere der Monarchie, ihm ebenso fremd waren, wie mir und ihm damals das Kriegswesen. Die Commission gebar auch nichts Anderes, als die Zusammensetzung mehrerer einzelner Corps in Regimenter und eine Adj ustirungsVorschrift. An der Spitze des Hof-Kriegsrathes stand damals der General der Cavallerie Tige, ein Mann ohne Kraft, Willen und Geist. Froh, im Genüsse seines Gehaltes zu bleiben, überliess er sich ganz der Führung des Staatsrathes. Türkheim war die Seele der ganzen Stelle, sowohl im rein Mili­tärischen und Operativen, als in der Administration, und besass in sehr hohem Grade die Gunst des wieder als Minister des Auswär­tigen die vorzüglichsten Geschäfte leitenden Baron Thugut. In militärischer Hinsicht hatte Fürst Dietrichstein, ein braver, ver­ständiger, quittirter Stabsofficier das Ohr dieses Ministers gewonnen, es fehlte ihm jedoch an praktischer Dienstkenntniss und Routine. Durch ihn wurde auch FML. Bellegarde eingeführt, ein Mann von Kopf und Herz, vielen theoretischen Kenntnissen, jedoch ohne Energie und Selbstvertrauen, misstrauisch gegen Andere, daher un­entschlossen und zu sehr das Hofleben gewöhnt, um sich eine eigene Meinung selbst zuzutrauen. Er war ein langjähriger Busen­freund Vincent’s. Ich erwähne dieser Männer nur, da ihr Wirken, auf die künftigen Operationen, somit auf die Weltbegebenheiten Einfluss nahm.« *) »Im Jahre 1798 ward FZM. Prinz Oranien an die Stelle Wallis’ zum Commandirenden ernannt, ein junger, mit vielen Fähig­keiten begabter Herr, der Alles aufgeboten hätte, die Armee zu beleben und sie zum Kriege vorzubereiten. Leider erkältete sich ') Graf Thun, Erzählungen des Feldmarschalls.

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