Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1885)

Hauptmann Duncker: Die Invasion Schlesiens durch die königlich preussischen Truppen im Monate December 1740

66 Die Invasion Schlesiens durch die k. preuss. Truppen im Monate December 1740. Diese Initiative fehlte zur Zeit leider noch und musste erst durch die Willenskraft der jungen Herrscherin geschaffen werden *). Ganz Österreich befand sich im Zustande der Somnolenz und die Büchsen­schüsse Liechtenstein’scher Dragoner vor Ottmachau am 9. Januar 1741 weckten erst das Echo in den Herzen der Bevölkerungen, die nun in patriotischer Opferwilligkeit um den Thron sich schaarten; dies Echo hallte noch aus in den begeisterten Zurufen an die Königin im Saale des Schlosses zu Pressburg am 11. September 1741: „Vitara nostram et sanguinem consecramus.“ Die Morgenröthe einer neuen, kräftigen Zeit für Österreich war angebrochen. Schlusswort. Es wurde im Vorhergehenden der Versuch unternommen, die militäri­schen Verhältnisse der beiden sich gegenüberstehenden Staaten klarzu­stellen, einestheils nach dem spärlich überkommenen Actenmateriale, anderntheils nach den Gesandtschafts-Berichten. Während König Friedrich in der glücklichen Lage ist, über gefüllte Cassen, eine trefflich organisirte und wohlausgerüstete Armee zu verfügen, und den Krieg mit allen Mitteln vorbereitet, um sich den Erfolg zu sichern, während ein kriegsbereites Heer der politischen Action des Königs Kraft und Nachdruck verleiht, sehen wir auf der anderen Seite ganz entgegengesetzte Verhältnisse. Den verlässlichsten Commentar zu diesen liefern nun die von der Königin selbst in späteren Jahren verfassten, Eingangs erwähnten Denkschriften, aus denen einige Stellen, welche die Situation nach dem Tode Kaiser Carl’s grell beleuchten und Aufklärung über manche Unterlassungssünde bieten, hier wiedergegeben werden mögen: „In diesen Umständen fand ich mich ohne Geld, ohne Credit, ohne Armée, ohne eigene Experienz und Wissenschaft und endlich auch ohne allen ßath, weilen ein Jeder aus ihnen anforderist sehen und abnehmen wollte, wohin die Sachen sich wenden würden. In dieser Situation befand ich mich, da von dem König von Preussen feindlich angegriffen wurde. Dieses Königs süsse Worte und kräftigste Ver­sprechungen machten sogar meine Ministris irre, massen man nicht glauben konnte, noch wollte, dass der König in Preussen feindlich agiren würde. Dieses von denen Ministris, besonders Sintzendorff hegende Vertrauen, dann meine Unerfahrenheit und guter Glauben waren Ursach, dass die Defensions-Veranstaltungen in Schlesien, nicht minder die Nachruckung derer nächstgelegenen Regimentern grösstentheils negli- giret, andurch aber dem König in Preussen freye Hand gelassen wurde, das Herzogthum Schlesien sich binnen 6 Wochen zu bemächtigen 2).“ *) Vergleiche Maria Theresia und Graf Sylva Tarouca, von Dr. v. Karajan, Almanach der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. IX. Jahrgang. 1859. Wien. 2) Zwei Denkschriften der Kaiserin Maria Theresia. Archiv für österreichische Geschichte. 47. Band, Seite 287 und ff.

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