Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution

20 Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr etc. Podgursky erreichte Walthersdorf, das Corps Möllendorf aber unter­nahm einen combinirten Angriff auf die von Grenzern besetzte, über 7km zwischen Felswänden ziehende und mit vier starken Verhauen gesperrte Strasse von Hinter - Hermsdorf nach Dittersbach und nahm sie nach kurzem Gefechte. FML. Graf Gyulai hatte, um die Invasions-Armee zum Stehen zu bringen und die beiderseits der Grenze zerstreuten Detachements zu sammeln und aufzunehmen, auf den Höhen von Zwickau Stellung bezogen, musste aber dieselbe verlassen, als Prinz Heinrich am 1. August mit der Hauptmacht von Rumburg in zwei Colonnen über Ehrenberg - Schönlinde und Schönborn nach Georgenthal vorging. Während Gyulai jetzt gegen Gabel abzog, besetzte die preussische Vorhut unter General Belling den Ort Zwickau, das Corps Solms den Ort Unter-Hennersdorf und das Corps Podgursky, welches von Spitz- Cunnersdorf über Gross-Schönau, Johnsdorf und Krombach nach Lichtenwalde marschirt war, nach Zersprengung des Detachements Generalmajor de Vins in dieser Gegend, gleichfalls den Ort Zwickau. Auf diese Weise wurden die von Natur aus schwierigen, durch Verschanzungen und Verhaue zu einem hartnäckigen Widerstande eingerichteten Gebirgspässe Böhmens, in Folge mangelhafter Disposi­tionen, nach kurzen Vortruppen-Gefechten dem Feinde überlassen und ihm der Weg in das Herz Böhmens geöffnet. Die Preussen hatten beim Durchzuge des passreichen Lausitzer Gebirges mit grossen Schwierigkeiten zu kämpfen und erwarteten jeden Augenblick eine Gegenunternehmung Loudon’s, dessen auf 80.000 Mann geschätzte Streitmacht sie in der Stellung bei Gastorf vermutheten. In der Besorgniss, die Österreicher könnten von dort aus durch die Lausitz gegen Berlin Vordringen, bat Prinz Heinrich am 1. August den König, seinerseits eine Demonstration gegen Trautenau und Hohenelbe in’s Werk zu setzen.—Am 3. August berichtete der Prinz endlich über den glücklich durchgeführten Gebirgsübergang: Obgleich die ganze Operation vollständig gelungen, möchte er sie doch nicht noch einmal versuchen, auch wenn man ihm drei König­reiche böte. Mit 1000 Mann und 2 Kanonen hätte man seine ganze Armee aufhalten können. Wenn der König im Stande wäre, mit einem seiner Corps durchzubrechen, würde Loudon in grosse Verlegenheit gerathen. Für ihn selber sei es unmöglich, weiter vorwärts zu rücken, doch beabsichtige er mit dem Gros noch einen Marsch gegen Reich­stadt zu machen, um seine Streitkräfte im Raume mehr zu vereinigen. Die Pferde seien durch die grossen Anstrengungen ganz entkräftet, und es wäre nicht klug, in jener Stellung lange zu verbleiben. Das ganze Land sei ein wahres Schachbrett von Felsen und Wald. Das Geschütz, welches der Armee nicht folgen konnte, werde über Zittau heran­gezogen werden, dürfe jedoch diesen Ort nicht überschreiten, bevor

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