Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution

IV. Der bayerische Erbfolgekrieg 1778—1779. 51 26. August. In dem jetzigen Augenblicke könne der grösste Theil Böhmens nur durch eine längstens morgen zu liefernde Schlacht mit siegreichem Ausgange gerettet werden, da nach allen Berichten Loudon’s der Prinz Heinrich heute noch vorzurücken beabsichtige. Der Feldmarschall habe den Prinzen de Ligne eigens zum Kaiser gesandt, um zu melden, dass er hinter der Iser sich nicht halten könne und nach Brandeis hinter die Elbe abziehen müsse. Sollte diese Eventualität eintreten, dann liefe das Heer an der Elbe die grössten Gefahren; es bedürfte, in das hohe Gebirge eingezwängt, viel Mühe und Anstrengung, die Artillerie im Falle eines verspäteten Aufbruches zu retten. Vielleicht verwickle noch das Genie des Königs die gegen­seitigen Streitkräfte in eine für Österreich glückliche Schlacht, welche alle Angelegenheiten wieder herstelle. 27. bis 31. August. Loudon habe den Vorsatz gefasst, sogleich aufzubrechen und nach Brandeis zu rücken, wenn Prinz Heinrich die Bewegung gegen die Elbe antrete. Das Verlassen der Iser-Linie aber entblösse den Rücken der Armee an der Elbe und nötliige sie dem­zufolge zum Abmarsche. Zu diesem Behufe seien, angesichts der emi­nenten Gefahr eines zu langen Verweilens in der concentrirten Auf­stellung bei Arnau-Hohenelbe, bereits alle Vorbereitungen getroffen. Loudon’s letzte Berichte lauten sehr widersprechend und tragen Unent­schlossenheit zur Schau. Im Übrigen treffe der König Vorbereitungen, die eher auf eine Rückzugs- als auf eine Angriffsbewegung von Seite seiner Streitmacht schliessen lassen. Die letzte Meldung des Feld­marschalls vom 29. August *) lasse kaum mehr zweifeln, dass er von Münchengrätz abmarschirt sei. Indessen habe er nach Erhalt der ihm von der Elbe-Armee gesandten Verstärkungen von 6 Bataillonen und 15 Escadronen beschlossen, seine Stellung an der Iser zu behaupten. Dies setze den Kaiser in den Stand, auch noch ferner in seinen Positionen auszuharren. In der That waren bei der Elbe-Armee in Folge der aus dem Hauptquartier Loudon’s einlaufenden Berichte schon die Anstalten zur Räumung der innehabenden Stellung getroffen worden. Am 26. August wurden der Armee-Train, Tags darauf die Reserve-Artillerie von Swicin und Pecka gegen Pardubitz in Marsch gesetzt und Rück­zugs-Dispositionen erlassen, vermöge welcher der Abzug der Armee in der Nacht zum 30. in derselben Richtung bewirkt werden sollte. *) Der an das Ober-Commando des Heeres wegen Räumung der Iserstellung am 29. August Abends erstattete Bericht Loudon’s lautete: „Er wäre wegen des Marsches des feindlich Platen’schen Corps gegen die Moldau und jenen des General Möllendorf gegen Melnik und Benatek an die Iser, deren Absichten auf das Haupt- magazin zu Nimburg in seinem Rücken gerichtet zu sein schienen, mittlerweile ihm Prinz Heinrich mit seiner Armee von vorne ankommen würde, gezwungen, die Iser noch den 29. Abends zu verlassen und sich Nimburg zu nähern.“ (Acten des k. k. Kriegs-Archivs.) 4

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