Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Das Kriegsjahr 1683 (Mit eigener Paginirung) - Der Entsatz von Wien

244 getrennten, meist mit Weinbau bedeckten Ausläufer dieses Gebirges an das feindliche Heer vor Wien zu gelangen. Bei dem Mangel an Communicationen konnte das Heer nur in wenigen langen Colonnen den Vormarsch bewirken, welcher in Folge der üblen Beschaffenheit der Wege und der vielen bedeutenden Steigungen namentlich für die Artillerie und den Train ein äusserst beschwerlicher war. Die grossen Entfernungen, durch welche die einzelnen Colonnen von einander getrennt waren, sowie die coupirte Beschaffen­heit des zwischenliegenden Terrains machten die Sicherung und Auf­rechthaltung der Verbindung besonders schwierig. Auch auf der Ostseite des Wiener Waldes, zwischen der Donau und dem Wien-Flusse, stellte die Beschaffenheit des Terrains bis zur Linie Heiligenstadt-Dornbach den Truppenbewegungen noch namhafte Hindernisse entgegen. Dies gilt ganz besonders von dem östlichen Theile dieses Terrain-Abschnittes, in welchem die, die Marschrichtung nach Wien in ihren unteren Theilen quer durchschneidenden Schluchten des Kahlenberger- (Schreiber-), Grinzinger- und Krotten-Baches dem Gegner starke Vertheidigungslinien boten. Am 9. September bei Tagesgrauen brach Carl von Lothringen mit sämmtlichen deutschen Truppen von Tulln auf und rückte bis St. Andrä am Fusse des Wiener Waldes. Hier erhielt er aus Wien Briefe des Inhaltes, dass die Türken am 4. September die Burg, am 8. die Löbel-Bastei gestürmt, auf letzterer sogar ihre Rossschweife aufge­pflanzt hätten, Meister der Breschen seien, in Wien nur mehr mit dem Kleingewehr gekämpft werde. Der Herzog sandte einige eben einge- brachte türkische Gefangene an den König nach Tulln, damit sie dort diese Nachricht bestätigten. Zugleich bat der Herzog den König schrift­lich, auch mit der polnischen Armee den Vormarsch anzutreten. Nun trat am Nachmittage des 9. auch das polnische Heer den Marsch gegen Wien an und lagerte am Abende dieses Tages bei König­stetten. Die Kunde, dass sich das christliche Heer von Tulln gegen den Wiener Wald in Bewegung gesetzt, bestimmte nun auch Kara Mustapha, seine Gegenmassregeln zu treffen. Noch am Nachmittage des 9. begann er seine irgend entbehrlichen Streitkräfte im Norden von Wien gegen das Entsatzheer zusammenzuziehen *). Diese Streitkräfte wurden in einen rechten und linken Flügel und ein Mitteltreffen geordnet. Während Ibrahim Pascha von Ofen das Commando des linken, Kara Mehe­*) K. k. Kriegs-Archiv, Fase. 13. 7.

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