Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Das Kriegsjahr 1683 (Mit eigener Paginirung) - Die Belagerung Wiens

221 Zunächst des „schwarzen Adlers“ (1684 abgebrochen) errichteten die Türken eine Batterie, welche mit vier Geschützen armirt wurde und gegen die Burg-Bastion zu spielen begann. Die Vertheidiger Wiens erlitten durch die schwere Verwundung des hochverdienten Artillerie-Oberstlieutenants Gschwind (ein Bomben­splitter zerschmetterte seinen Arm) einen herben, nunmehr unersetz­lichen Verlust. Das am 3. September eingefallene Regenwetter hemmte das beiderseitige Feuer, doch um so eifriger wurde in den feindlichen Minen­gängen gearbeitet. Bereits an fünf Punkten der starken Mauer der Löbel- und Burg-Bastion war der Mineur angesetzt worden, so dass sich FZM. Starhemberg genöthigt sah, einige allzu gefährdete Geschütze auf den „Spanier“ (Cavalier der Burg-Bastion) abführen zu lassen. Unter dieser Bastion trafén sich plötzlich die beiderseitigen Mineure und flüchteten erschrocken unter Hinterlassung ihrer Werkzeuge; Oberstwachtmeister Rosstauscher, welcher trotz seiner Verwundung wieder thätig war, eilte sofort mit einigen Grenadieren herbei und verbaute die Mauer- öffnung. FZM. Starhemberg liess für die Nacht nebst den Obersten auch die Generale Daun und Serényi auf den Wällen in Bereitschaft, weil er grössere Unternehmungen des Feindes besorgte. Stündlich sah man dem Auffliegen neuer Minen und einem Hauptsturme entgegen, welch’ letzteren aber Kara Mustapha bisher wohlweislich unterlassen, um die Stadt intact in seine Hand zu bekommen. Die Gefahr für Wien wuchs immer mehr, Kielmannsegg liess zu verschiedenen Malen 20 Raketen vom Stephansthurme steigen. Es ge­währte einigen Trost, in der Nacht fünf helle Feuer am Bisamberge flackern zu sehen, welche von den dort lagernden kaiserlichen Truppen angezündet waren. Auch am 4. September regnete es am Vormittage; das feind­liche Geschützfeuer wurde deshalb unterbrochen, so dass einige Stunden hindurch allenthalben Ruhe herrschte. Plötzlich, um 2 Uhr Nachmittags, sprang eine so gewaltige Mine an der Spitze der Burg-Bastion, dass die halbe Stadt erbebte und eine Bresche von 10™ Breite erzeugt wurde. Die Türken waren Mittags durch ihre Imams (Prediger) zu Kampf und Sturm aufgerufen worden und hatten sich in den nahen Laufgräben gesammelt, wo sie das Auffliegen dieser grossen Mine mit dem ganzen fanatischen Jubel der Orientalen begleiteten.

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