Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)
Das Kriegsjahr 1683 (Mit eigener Paginirung) - Die Belagerung Wiens
218 Fall des Burg-Ravelin. Schon 21 Tage wüthete der Kampf um dieses wichtige Aussen- werk, dessen Besitz den Türken den ungehinderten Zugang zur Courtine öffnen sollte. Die kaiserlichen Truppen hatten bisher bei der Behauptung dieses unausgesetzt angegriffenen Werkes Wunder der Tapferkeit verrichtet, aber diese heroischen Leistungen wurden womöglich noch übertroffen durch den beispiellosen Muth und die zähe Ausdauer, welche die kleine Besatzung des noch uneroberten Theiles des Burg - Ravelin in den folgenden zwei Tagen bewies. In der Nacht vom 2. auf den 3. September drückten die Türken die heldenmüthige Ravelin-Besatzung aus dem bisherigen Abschnitte auf eine ganz kleine, an der Auffahrt zum Ravelin aufgeworfene und verpalissadirte Flesche (Reduit) zurück und verbrannten bei dieser Gelegenheit eine der hölzernen Caponniéren bei der Löbel-Bastion. Hauptmann Heistermann vom Regimente Starhemberg befehligte die wegen des geringen Raumes nur aus 50 Mann bestehende Besatzung des Ravelin und setzte, obschon durch die Eidaubniss des FZM. Starhemberg zur Räumung des unhaltbaren Postens berechtigt, während der Nacht den wiederholt anstürmenden Janitscharen den kräftigsten Widerstand entgegen, selbst dann noch, als bereits die einzige Schutzwehr, die Palissaden, brannten. Die eine Hälfte seiner Mannschaft kämpfte, die andere befasste sich mit der Dämpfung des Feuers. Erst der grauende Morgen machte dem verzweifelten Ringen ein Ende, welches gewiss zu den glänzendsten Episoden der ereignissreichen Belagerung gehört. Lieutenant Sommerfeld starb hiebei den Heldentod, mit ihm 20 wackere Kämpfer. In den Vormittagsstunden des 3. September wurden die tapferen Vertheidiger des Ravelin durch den Hauptmann Müller vom Regimenté Mannsfeld und einer gleich wackeren Schaar von 50 Mann abgelöst. Mit derselben mannhaften Entschlossenheit wie sein Vorgänger vertheidigte dieser Hauptmann den letzten Winkel des Ravelin, bis er nach zweistündigem blutigen Ringen unter den Säbelhieben der Janitscharen seine Heldenseele aushauchte. Nun befahl FZM. Starhemberg, der seine Tapferen nicht nutzlos opfern wollte, die Räumung des Ravelin, welches ohnehin nur mehr einem Schutthaufen glich, sowie der im Graben anstossenden Caponniére. Bei dem Abriicken von dem mit so vieler Aufopferung verthei- digten Posten verbrannte die Besatzung die Palissaden am Retranche-